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Der Kündigungsschutz von Schwangeren wurde  gestärkt: Bei einer künstlichen Befruchtung außerhalb des Körpers (In-vitro-Fertilisation) gilt das mutterschutzrechtliche Kündigungsverbot bereits ab dem Zeitpunkt der Einsetzung der befruchteten Eizelle und nicht erst mit der erfolgreichen Einnistung – so das BAG.

Eine ohne behördliche Zustimmung ausgesprochene Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft bekannt war oder sie ihm innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird (§ 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG). Im Fall einer Schwangerschaft nach einer Befruchtung außerhalb des Körpers (In-vitro-Fertilisation) greift das mutterschutzrechtliche Kündigungsverbot bereits ab dem Zeitpunkt der Einsetzung der befruchteten Eizelle und nicht erst mit ihrer erfolgreichen Einnistung. Dies hat der Zweite Senat des (BAG) jetzt entschieden und damit – wie schon die Vorinstanzen – der Kündigungsschutzklage einer Arbeitnehmerin stattgegeben.

Die Klägerin genoss bei ihrem Zugang wegen des zuvor erfolgten Embryonentransfers den besonderen Kündigungsschutz des § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG.

Die Kündigung verstößt zudem gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. §§ 1, 3 AGG. Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 26. Februar 2008 (C-506/06) entschieden, es könne eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts vorliegen, wenn eine Kündigung hauptsächlich aus dem Grund ausgesprochen werde, dass die Arbeitnehmerin sich einer Behandlung zur In-vitro-Fertilisation unterzogen habe.

Im Streitfall durfte das Landesarbeitsgericht nach den gesamten Umständen davon ausgehen, dass die Kündigung wegen der (beabsichtigten) Durchführung einer solchen Behandlung und der damit einhergehenden Möglichkeit einer Schwangerschaft erklärt wurde.

BAG, Urteil vom 26.03.2015

Rechtsanwalt Sagsöz, Bonn

Quelle Beck Verlag

Auszubildende, die durch ihr Verhalten bei einem Beschäftigten desselben Betriebs einen Schaden verursachen, haften ohne Rücksicht auf ihr Alter nach den gleichen Regeln wie andere Arbeitnehmer. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 19.03.2015 klargestellt und damit eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hessen bestätigt. Danach muss der Beklagte ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 Euro zahlen (Az.: 8 AZR 67/14).

Der Kläger und der Beklagte waren als Auszubildende bei einer Firma beschäftigt, die einen Kfz-Handel mit Werkstatt und Lager betreibt. Am Morgen des 24.02.2011 arbeitete der damals 19-jährige Beklagte an der Wuchtmaschine. Der damals 17-jährige Kläger, ein weiterer Auszubildender und ein anderer Arbeitnehmer waren im Raum, der Kläger mehrere Meter entfernt in der Nähe der Aufzugstür. Der Beklagte warf ohne Vorwarnung mit vom Kläger abgewandter Körperhaltung ein circa 10 Gramm schweres Wuchtgewicht hinter sich. Dieses traf den Kläger am linken Auge, am Augenlid und an der linken Schläfe und verletzte ihn. Er musste in einer Augenklinik behandelt werden. Im Herbst 2011 und im Frühjahr 2012 unterzog er sich erneut Untersuchungen und Eingriffen, wobei eine Kunstlinse eingesetzt wurde. Einschränkungen aufgrund einer Hornhautnarbe verblieben. Die zuständige Berufsgenossenschaft zahlt dem Kläger eine monatliche Rente in Höhe von 204,40 Euro.

Das LAG war zu dem Ergebnis gekommen, dass der Wurf nicht betrieblich veranlasst gewesen ist. Der Beklagte habe schuldhaft gehandelt. Die Revision des Beklagten blieb jetzt vor dem Achten Senat des BAG ohne Erfolg. Das Urteil des LAG weise keine Rechtsfehler auf. Die Voraussetzungen des Haftungsausschlusses nach §§ 105 Abs. 1,  106 Abs. 1 SGB VII seien nicht erfüllt. Die vom LAG angenommene Höhe des Anspruchs des Klägers sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

RA Sagsöz

Das Neutralitätsgebot an öffentlichen Schulen rechtfertigt es nicht, muslimischen Lehrerinnen das Tragen eines Kopftuchs generell zu verbieten, entschied das Bundesverfassungsgericht. Damit sind auch Abmahnungen und Kündigungen rechtswidrig, die auf das Verbot gestützt werden.

Auch wir bearbeiten derartige Fallkonstellationen, welche wegen der Anhängigkeit beim BVerfG  ausgesetzt wurden. Nun ist die Entscheidung endlich da.

Nach § 57 Abs. 4 Satz 1 des Schulgesetzes für Nordrhein-Westfalen (SchulG NRW) dürfen Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Schulen keine religösen Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber Schülerinnen und Schülern sowie Eltern zu oder den Schulfrieden zu gefährden oder zu stören.  In Nordrhein-Westfalen wurde Lehrerinnen untersagt, während des Dienstes in der Schule als Audruck ihres muslimischen Glaubens ein Kopftuch zu tragen. Bei fortgesetzter Weigerung, das Kopftuch abzulegen, sprachen das Land bzw. die Schulbehörde Abmahnungen und im Wiederholensfalle Kündigungen aus. Zwei Klägerinnen, die wegen des Tragens eines Kopftuchs abgemahnt  worden waren, erhoben Verfassungsbeschwerde.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hob die arbeitsgerichtlichen Entscheidungen auf und verwies die beide Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die zuständigen Landesarbeitsgerichte (LAG) zurück. Bei ihrer neuen Entscheidung müssen die Gerichte Vorgaben beachten:

Der Erste Senat des BVerfG entschied mit 7 von 9 Richterstimmen, dass die Entscheidungen des BAG und der Landesgerichte die Beschwerdeführerinnen in ihrem Grundrecht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verletzt haben. Dieses Grundrecht gewährleiste auch Lehrkräften in der öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule die Freiheit, einem aus religiösen Gründen als verpflichtend verstandenen Bedeckungsgebot zu genügen.

Der mit dem Kopftuchverbot an nordrhein-westfälischen Schulen verbundene Eingriff in die Glaubensfreiheit der Beschwerdeführerinnen wiege schwer. Sie hätten plausibel dargelegt, dass es sich für sie – entsprechend dem Selbstverständnis von Teilen im Islam – um ein als verpflichtend verstandenes religiöses Bedeckungsgebot in der Öffentlichkeit handelt. Das Verbot berühre zudem nachvollziehbar ihre persönliche Identität, so dass das Verbot dieser Bedeckung im Schuldienst für sie sogar den Zugang zum Beruf verstelle (Art. 12 Abs. 1 GG).

§ 57 Abs. 4 Satz 1 und 2 und § 58 Satz 2 SchulG NW greifen in diese Grundrechte ein, soweit Pädagoginnen und Pädagogen durch Kleidung und äußeres Erscheinungsbild eine religiöse Bekundung abgeben. Die Bestimmungen müssen daher im Sinne der Grundrechte einschränkend ausgelegt werden.

Soweit die Arbeitsgerichte § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW so ausgelegt haben, dass schon eine eine bloß abstrakte Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität genügt, um das Tragen eines Kopftuchs zu untersagen, sei dies unverhältnismäßig, entschied das BVerfG. Grundsätzlich verfolge das Verbot religiöser Bekundungen zwar legitime Ziele, nämlich die Wahrung des Schulfriedens und der staatlichen Neutralität.Diese Ziele würden aber durch das bloße Tragen eines islamischen Kopftuchs oder anderer Symbole wie der jüdischen Kippa oder ein christliches Nonnen-Habit nicht beeinträchtigt. Daher sei ein Kopftuchverbot erst dann zu rechtfertigen, wenn im Einzelfall eine hinreichend konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität feststellbar ist. Selbst dann werde jedoch zuerst eine anderweitige pädagogische Verwendungsmöglichkeit der Betroffenen in Betracht zu ziehen sein.

RA  Alpan Sagsöz  0228 9619720

Ein Arbeitgeber darf eine konzernweite Facebook-Seite einrichten, ohne den Konzernbetriebsrat hieran zu beteiligen. Der Betriebsrat habe kein Mitbestimmungsgrecht, entschied das Landesarbeitsgericht Düsseldorf, weil eine Facebook-Seite in der konkret genutzten Form keine technische Einrichtung zur Überwachung der Mitarbeiter sei. Das Gericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen (Az.: 9 Ta BV 51/14). In dem Beschlussverfahren verlangt der Konzernbetriebsrat von der Arbeitgeberin, ihre Seite auf facebook.com abzuschalten. Die Arbeitgeberin nimmt in fünf Transfusionszentren Blutspenden entgegen, verarbeitet und veräußert diese. Sie eröffnete ohne Beteiligung des Konzernbetriebsrats eine konzernweite Facebook-Seite. Die Nutzer erhielten die Möglichkeit, Kommentare abzugeben, die auf der virtuellen Pinnwand eingestellt und von den Facebook-Nutzern betrachtet beziehungsweise weiter kommentiert werden können. Die Arbeitgeberin informierte die Mitarbeiter über die Seite und wies auf diese bei den Spendeterminen in Flugblättern hin. Auf der Facebook-Seite wurden mehrere negative Kommentare über die Qualität der Mitarbeiter bei Blutspenden veröffentlicht.

Der Konzernbetriebsrat meint, ihm stehe ein Mitbestimmungsrecht zu. Die Facebook-Plattform sei als technische Einrichtung geeignet, die Mitarbeiter zu überwachen. Hierfür stünden der Arbeitgeberin weitere Programme zur Verfügung, um personenbezogene Daten zu erhalten, zumal anhand der Dienstpläne eine Zuordnung der Beschwerden zu den Mitarbeitern möglich sei. Die Arbeitgeberin sieht in der Facebook-Seite dagegen lediglich einen Kummerkasten und ein Marketinginstrument. Außerdem nutze sie die Seite und die ergänzenden technischen Möglichkeiten nicht zu Kontrollzwecken.

Das LAG Düsseldorf hat auf die Beschwerde der Arbeitgeberin den Antrag des Konzernbetriebsrats zurückgewiesen. Dem Betriebsrat steht bei der Einrichtung der Facebook-Seite kein Mitbestimmungsrecht zu. Dieses folge insbesondere nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Die Seite als solche sei keine technische Einrichtung, die dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung der Mitarbeiter zu überwachen. Eine solche Einrichtung setze voraus, dass sie – jedenfalls teilweise – aus sich heraus Aufzeichnungen über die Mitarbeiter automatisiert erstellt. Dies sei nicht der Fall, wenn Dritte dort Beschwerden über Mitarbeiter anlässlich ihrer Blutspenden eintragen. Die Möglichkeit, die Facebook-Seite mittels der integrierten Werkzeuge zu durchsuchen, sei ebenfalls keine automatische Aufzeichnung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Anders sei dies bei den Mitarbeitern, welche die Facebook-Seite pflegen, weil deren Aktivität nach Datum und Uhrzeit aufgezeichnet wird. Da dies aber zehn Mitarbeiter betrifft, welche alle den gleichen allgemeinen Zugang benutzen, seien Rückschlüsse auf das Verhalten oder die Leistung einzelner Mitarbeiter nicht möglich.

RA Sagsöz, Bonn

Es ist sittenwidrig, wenn eine Schulbusbegleiterin mit nur 3,40 Euro pro Stunde vergütet wird. Dies hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschieden. In dem Urteil vom 19.08.2014 stellt es zudem klar, dass die Arbeitszeit der klagenden Schulbusbegleiterin die Zeit ab der Abholung von der Wohnung und der Rückkehr dorthin sowie die Standzeiten an der Schule umfasste, die für eine geordnete Übergabe und Aufnahme der beförderten Schüler erforderlich waren (Az.: 8 Sa 764/13). Die Revision wurde zugelassen.

Die Klägerin war bei der Beklagten als Busbegleitung beschäftigt. Ihre Aufgabe bestand darin, während einer morgendlichen Tour gemeinsam mit einer Busfahrerin geistig und körperlich behinderte Schüler an verschiedenen Zustiegspunkten abzuholen und zur Schule zu bringen. Nachmittags waren die Schüler nach Beendigung des Unterrichts wieder abzuholen und nach Hause zu fahren. Die Klägerin erhielt hierfür zwei Tourpauschalen pro Arbeitstag in Höhe von jeweils 7,50 Euro. Das Arbeitsentgelt erhielt sie nur bei erbrachter Arbeitsleistung. Entgeltfortzahlung für Feiertage und Arbeitsunfähigkeit erhielt sie nicht. Bezahlter Erholungsurlaub wurde nicht gewährt. Die Klägerin verlangt eine Vergütung gemäß dem Tarifstundenlohn für das private Omnibusgewerbe in Nordrhein-Westfalen von 9,76 Euro brutto, weil die ihr gezahlte Vergütung sittenwidrig sei. Die Beklagte meint, sie habe die Klägerin rechtmäßig vergütet.

Das LAG hat der Klägerin weitere 3.982,12 Euro brutto an Vergütung und 369,00 Euro brutto Urlaubsabgeltung zugesprochen. Der der Klägerin gezahlte Lohn von 15 Euro pro Arbeitstag (zwei Tourpauschalen) sei in sittenwidriger Weise zu niedrig, weil die Klägerin täglich eine Arbeitsleistung von vier Stunden und 25 Minuten erbracht habe. Entgegen der Ansicht der Beklagten habe die Arbeitszeit morgens um 6.45 Uhr an ihrem Wohnort begonnen und dort um 8.50 Uhr geendet. Die Nachmittagstour habe von 13.30 Uhr bis 15.50 Uhr gedauert. Die Arbeitszeit hätte nach der tatsächlichen Handhabung der Parteien und der Art der geschuldeten Tätigkeit die Zeit ab der Abholung von der Wohnung und der Rückkehr dorthin sowie die Standzeiten an der Schule umfasst, welche für eine geordnete Übergabe und Aufnahme der beförderten Schüler erforderlich waren.

Der tatsächliche Stundenverdienst der Klägerin an Einsatztagen von 3,40 Euro sei sittenwidrig niedrig. Der objektive Wert der Arbeitsleistung habe 9,76 Euro brutto pro Stunde betragen. Das allgemeine Lohnniveau werde durch den Tarifstundenlohn des privaten Omnibusgewerbes in Nordrhein-Westfalen bestimmt, weil mehr als 50% der Arbeitgeber kraft Mitgliedschaft im tarifschließenden Arbeitgeberverband organisiert sind. Die subjektive Verwerflichkeit sei vorliegend gegeben.

Die Klägerin habe auf die zugesprochenen Ansprüche weder wirksam verzichtet noch seien sie verfallen.

Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala, die ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt zu haben, Diesen Beitrag weiterlesen »

Schwiegereltern können Grundeigentum, das sie dem eigenen Kind und dessen Ehepartner geschenkt haben, bei Scheitern der Ehe unter Umständen zurückfordern, wenn bei der Schenkung für das Schwiegerkind die Vorstellung der Schwiegereltern erkennbar war, die Ehe werde fortbestehen, sodass die Schenkung auch dem eigenen Kind dauerhaft zugute kommt. Ein Rückgewähranspruch anstelle eines bloßen Ausgleichs in Geld komme vor allem dann in Betracht, wenn sich die Schwiegereltern ein Wohnungsrecht vorbehalten haben, das durch das Scheitern der Ehe gefährdet wird.

Beschluss vom 03.12.2014, Az.: XII ZB 181/13

Der Schwiegersohn (Antragsgegner) und die Tochter (Antragstellerin) des Schenkers waren lange Jahre  miteinander verheiratet. Sie bewohnten mit ihren beiden ehelichen Kindern die Erdgeschosswohnung in einem dem Vater der Antragstellerin gehörenden Hausanwesen. Im Jahr 1993 übertrug der Vater das Eigentum an dem Grundstück auf die beiden Beteiligten zu deren jeweils hälftigem Miteigentum. Mitte 2004 trennten sich die Beteiligten, der Antragsgegner zog aus der Ehewohnung aus.

Nach rechtskräftiger Scheidung beantragte er im Jahr 2009 die Teilungsversteigerung des Hausanwesens. Daraufhin trat der Vater der Antragstellerin Anfang 2010 seine Ansprüche auf Rückübertragung des hälftigen Grundstücksanteils gegen seinen (ehemaligen) Schwiegersohn ab. Auf diese Abtretung gestützt hat die Antragstellerin ihren geschiedenen Ehemann im Jahr 2010 auf Übertragung seiner Miteigentumshälfte in Anspruch genommen.

Das Amtsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Beide Tatsacheninstanzen haben sich darauf gestützt, dass der geltend gemachte Anspruch bereits zum Zeitpunkt der Abtretung verjährt gewesen sei, weil die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren gelte, die Verjährung spätestens mit Ablauf des Jahres 2006, in dem die Scheidung rechtskräftig geworden sei, zu laufen begonnen habe und Verjährung daher mit Ablauf des 31.12.2009 eingetreten sei.

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hatte Erfolg. Sie führte zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das OLG. Auf der Grundlage der vom OLG bislang getroffenen Feststellungen könne nicht ausgeschlossen werden, dass dem Vater der Antragstellerin ein Anspruch auf Rückübertragung der Miteigentumshälfte gegen seinen früheren Schwiegersohn zustand und dieser Anspruch wirksam an die Antragstellerin abgetreten wurde, meint der BGH. Erfolge eine Schwiegerelternschenkung unter der für das Schwiegerkind erkennbaren Vorstellung, dass die Ehe fortbesteht und daher die Schenkung auch dem eigenen Kind dauerhaft zugutekommt, könne das Scheitern der Ehe nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage zu einer Rückabwicklung der Schenkung führen.

Als weitere Voraussetzung muss laut BGH allerdings hinzukommen, dass ein Festhalten an der Schenkung für die Schwiegereltern unzumutbar ist. Auch wenn dies der Fall sei, könne in der Regel nur ein Ausgleich in Geld verlangt werden. Nur in seltenen Ausnahmefällen werde die Vertragsanpassung dazu führen, dass der zugewendete Gegenstand zurück zu gewähren sei. Eine Rückgewähr des geschenkten Gegenstandes löse dann aber – von den Fällen kurzer Ehedauer abgesehen – im Gegenzug einen angemessenen Ausgleich in Geld aus. In Betracht komme eine solche Rückgewähr bei nicht teilbaren Gegenständen wie Hausgrundstücken oder Miteigentumsanteilen insbesondere dann, wenn die Schwiegereltern sich – wie im vorliegenden Fall – ein Wohnungsrecht vorbehalten haben, das durch das Scheitern der Ehe gefährdet wird.

Entgegen der Annahme der Vorinstanzen wäre ein solcher Rückübertragungsanspruch der Antragstellerin nicht verjährt. Das Beschwerdegericht habe zu Unrecht die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren für anwendbar gehalten. Denn die wegen Störung der Geschäftsgrundlage vorzunehmende Vertragsanpassung einer Grundstücksschenkung von Schwiegereltern sei grundstücksbezogen und richte sich daher – wie aus dem Gesetzeszweck und der Gesetzgebungsgeschichte folge – nach § 196 BGB. Dieser sehe für Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie die Ansprüche auf Gegenleistung eine zehnjährige Verjährungsfrist vor.

LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.11.2014 – 8 R 573/12.

Auf einer Intensivstation eingesetzte Pflegekräfte werden dort nicht selbstständig, sondern als – gegebenenfalls befristet beschäftigte – Arbeitnehmer tätig. Die Klinik muss daher für sie Sozialversicherungsbeiträge zahlen, wie das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 26.11.2014 entschieden hat (Az.: 8 R 573/12). Die Entscheidung betreffe bundesweit eine große Zahl von Fällen. Immer häufiger würden in deutschen Krankenhäusern Belastungsspitzen im Pflegebereich durch den Einsatz «freier», vermeintlich auf selbstständiger Basis arbeitender Pflegekräfte aufgefangen.

Geklagt hatte ein 39-jähriger Krankenpfleger, der auf der Basis sogenannter Dienstleistungsverträge in den Intensivstationen verschiedener Krankenhäuser, im Streitfall eines Krankenhauses in Radolfzell, tätig wird. Er hatte bei der Deutschen Rentenversicherung Bund die Feststellung beantragt, dass er diese Arbeit als Selbstständiger verrichte und daher nicht der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung unterliege. Unter anderem trug er vor, er könne sich die Patienten, die er auf der Intensivstation pflege, unabhängig von der ärztlichen Leitung, der Pflegedienst- oder der Stationsleitung selbst aussuchen, unterliege auch sonst in geringerem Maße als angestellte Pflegekräfte ärztlichen Weisungen und halte sich bei seiner Arbeit nicht an die individuellen Qualitätsstandards der Klinik, sondern an Nationale Expertenstandards. Vor dem Sozialgericht Köln hatte der Kläger Erfolg. Hiergegen legte die Deutsche Rentenversicherung Bund mit Erfolg Berufung ein.

Das LSG Nordrhein-Westfalen sah die Voraussetzungen einer abhängigen, zur Sozialversicherung führenden Beschäftigung als gegeben an. Ausschlaggebend hierfür sei die vollständige Eingliederung des Klägers in die organisatorischen Abläufe der Intensivstation, die am Wohl der schwerstkranken Patienten als oberstem Gebot orientiert sein müssten und daher in allen entscheidenden Punkten ärztlichen Vorgaben unterlägen. Die in diesem engen Rahmen möglicherweise gegenüber angestellten Pflegekräften etwas größeren Freiheiten des Klägers reichten nicht aus, von weitgehender Weisungsfreiheit auszugehen, wie sie typisch für einen selbstständigen Unternehmer sei. Da der Kläger darüber hinaus nach geleisteten Stunden bezahlt werde, trage er auch kein unternehmertypisches wirtschaftliches Risiko.

Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer seine Aufgaben »zur vollen Zufriedenheit« erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note »befriedigend«. Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er entsprechende Leistungen vortragen und beweisen. Dies gilt auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute oder sehr gute Endnoten vergeben werden, so das BAG. Die Klägerin war als Bürokraft beschäftigt. Zu ihren Aufgaben gehörten u.a. die Praxisorganisation, Betreuung der Patienten, Terminvergabe,  Ausfertigung von Rechnungen und Aufstellung der Dienst- und Urlaubspläne.

Die Beklagte erteilte ihr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis. Die Parteien streiten noch darüber, ob die Leistungen der Klägerin mit »zur vollen Zufriedenheit« oder mit »stets zur vollen Zufriedenheit« zu bewerten sind. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben und angenommen, die Beklagte habe nicht dargelegt, dass die von der Klägerin beanspruchte Beurteilung nicht zutreffend sei.

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des BAG Erfolg. Die vom Landesarbeitsgericht (LAG) zur Ermittlung einer durchschnittlichen Bewertung herangezogenen Studien, nach denen fast 90 % der untersuchten Zeugnisse die Schlussnoten »gut« (»stets zur vollen Zufriedenheit«) oder »sehr gut« (»stets zur vollsten Zufriedenheit«) aufweisen sollen, führen nicht zu einer anderen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast. Nach der Rechtsprechung des BAG kommt es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten an. Ansatzpunkt ist die Note »befriedigend« als mittlere Note der Zufriedenheitsskala. Begehrt der Arbeitnehmer eine Benotung im oberen Bereich der Skala, muss er darlegen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist. Im Übrigen lassen sich den Studien keine Tatsachen entnehmen, die den Schluss darauf zulassen, dass neun von zehn Arbeitnehmern gute oder sehr gute Leistungen erbringen. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch Gefälligkeitszeugnisse in die Untersuchungen eingegangen sind, die dem Wahrheitsgebot des Zeugnisrechts nicht entsprechen.

Der Zeugnisanspruch nach § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO richtet sich auf ein inhaltlich »wahres« Zeugnis. Das umfasst auch die Schlussnote. Ein Zeugnis muss auch nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein.

Der Neunte Senat des BAG hat die Sache an das LAG zurückverwiesen. Dieses wird als Tatsacheninstanz zu prüfen haben, ob die von der Klägerin vorgetragenen Leistungen eine Beurteilung im oberen Bereich der Zufriedenheitsskala rechtfertigen und ob die Beklagte hiergegen beachtliche Einwände vorbringt.

Quelle:

BAG, Urteil vom 18.11.2014 Aktenzeichen: 9 AZR 584/13 PM des BAG Nr. 61/14 vom 18.11.2014

Eine Bankangestellte, die mit einer Generalvollmacht mehrfach Geld von einem Konto ihrer Mutter auf eigene Konten umgebucht hat, kann deswegen nicht fristlos gekündigt werden, auch wenn sie dadurch gegen Geschäftsanweisungen ihres Arbeitgebers verstößt.

Eine Abmahnung wäre ausreichend gewesen, entschied das LAG Düsseldorf.

Die Klägerin war seit dem Jahr 2008 bei dem beklagten Geldinstitut beschäftigt und Vorgesetzte von drei und später zwei Teams. Sie verfügte über eine Generalvollmacht über das bei der Beklagten geführte Sparbuch ihrer Mutter. Über das Sparbuch verfügte die Klägerin in den Jahren 2010 bis 2012 insgesamt 33 mal online und buchte Beträge zwischen 500 Euro und 12.000 Euro um und zwar 29 Mal auf ihr eigenes Konto, drei Mal auf ein Konto ihrer Mutter und einmal auf das Sparbuch ihrer minderjährigen Tochter.

Die Zahlungsvorgänge wurden wie vorgesehen im Rahmen des Vier-Augen-Prinzips jeweils durch einen weiteren Mitarbeiter freigegeben. Die internen Geschäftsanweisungen des Geldinstituts sahen indes u.a. vor, dass die Mitarbeiter in eigenen Angelegenheiten weder entscheidend noch beratend mitwirken dürfen, wenn die Entscheidung ihnen selbst, ihrem Ehegatten oder einem Verwandten bis zum Dritten Grad einen unmittelbaren Vorteil bringen kann. Das Bankinstitut erhielt Kenntnis von den Buchungen aufgrund einer Nachfrage eines Erben der inzwischen verstorbenen Mutter der Klägerin.

Ebenso wie das Arbeitsgericht (Arbeitsgericht Solingen, Urteil vom 02.05.2014 – 4 Ca 142/14 lev) hat das Landesarbeitsgericht (LAG )Düsseldorf festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die daraufhin von der Beklagten – fristlos und hilfsweise fristgerecht – ausgesprochenen Kündigungen nicht aufgelöst worden ist. Unstreitig hatte die Klägerin im Verhältnis zu ihrer Mutter die Verfügungen berechtigt vorgenommen.

Gleichwohl lag in ihrem Verhalten eine erhebliche Pflichtverletzung, weil sie aufgrund der Anweisungen des Geldinstituts nicht berechtigt war, als Mitarbeiterin Buchungen zu ihren Gunsten vorzunehmen. Dadurch sollte bereits der Anschein einer Interessenkollision vermieden werden. Die Pflichtverletzung war aber nicht so schwerwiegend, dass auf sie nicht noch durch eine Abmahnung ausreichend reagiert werden konnte. Maßgeblich ist im Kündigungsrecht das Prognoseprinzip. Nach dem festgestellten Sachverhalt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung war nicht davon auszugehen, dass eine Abmahn ung von vornherein erfolglos gewesen wäre und nicht zu einer Verhaltensänderung der Klägerin geführt hätte. Der von der Beklagten in der zweiten Instanz gestellte Auflösungsantrag war unbegründet. Es lagen keine Auflösungsgründe vor, die wesentlich über den Kündigungsvorwurf hinausgingen. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen.

Quelle: LAG Düsseldorf, Urteil vom 04.11.2014 Aktenzeichen 17 Sa 637/14 Quelle: LAG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 05.11.2014