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Eine Kündigung kann nicht darauf gestützt werden, dass Arbeitnehmer einen Rechtsanwalt hinzugezogen haben, um einen Urlaubsanspruch durchzusetzen, entschied das ArbG Dortmund. Die Reaktion des Arbeitgebers macht sogar eine Kündigung in der Probezeit rechtswidrig.

Die Arbeitnehmerin stellte fest, dass ihr genehmigter Urlaub aus dem Urlaubsplaner gelöscht worden war. Ihr Vorgesetzter teilte ihr mit, der Urlaub könne doch nicht genehmigt werden. Zudem teilte ihr Vorgesetzter ihr mit, sie könne ja das Unternehmen der Beklagten verlassen, wenn sie sich nicht mit  den Gegebenheiten arrangieren könne. Die Arbeitnehmerin schaltete ihren Rechtsanwalt ein, der um Genehmigung des Urlaubs für seine Mandantin ersuchte. Weder die Geschäftsleitung noch die  Personalleitung der Beklagten reagierten auf das Schreiben. Stattdessen kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Bezugnahme auf die Probezeit zum 31.05.2013.

Vor Gericht erklärte die beklagte Arbeitgeberin, die Kündigung sei erfolgt, weil keine Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit  vorhanden sei. Die Arbeitgeberin empfinde die Kommunikation über einen Rechtsanwalt direkt zu Beginn und in der Probezeit eines neuen Arbeitsverhältnisses als irritierend. Eine derartige Vorgehensweise sei im Hause der Beklagten weder gewünscht noch üblich. Das Arbeitsgericht Dortmund erklärte die Kündigung für unwirksam und stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis – mit allen Ansprüchen der Klägerin – bis zum Ablauf der Befristung am 31.10.2013 fortbestanden habe.

Zwar finde das KSchG keine Anwendung, weil die sechsmonatige Wartefrist nach § 1 KSchG noch nicht abgelaufen war. Dennoch muss sich die Kündigung an Generalklauseln und allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs wie dem so genannten Maßregelungsverbot (§ 612a BGB) messen lassen. Die Beiziehung des Anwalts war angemessen: Die Klägerin habe ihren Anwalt erst  hinzugezogen, nachdem sie mit ihrem Vorgesetzten und dieser mit seinem Vorgesetzten gesprochen habe.  Nach Würdigung der Umstände stellt sich die Kündigung für das Gericht als Maßregelung im Sinne des § 612a BGB dar: Es wurde deutlich, dass die Arbeitnehmerin für die legitime Wahrnehmung ihrer Rechte »bestraft« werden sollte. Als Reaktion auf das legitime anwaltliches Schreiben, ohne auch nur zu versuchen,  mit der Klägerin oder mit ihrem Prozessbevollmächtigten Kontakt aufzunehmen, war die Kündigung aus Sicht des Gerichts »absolut unangemessen«.

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Quelle: ArbG Dortmund, Urt. vom 12.2.2014 Aktenzeichen 9 Ca 5518/13

Das Bundesarbeitsgericht hat am 7. Juli 2011 in seinem Urteil festgestellt:

Die falsche Beantwortung einer dem Arbeitnehmer bei der Einstellung zulässigerweise gestellten Frage kann den Arbeitgeber dazu berechtigen, den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Wirkt sich die Täuschung im Arbeitsverhältnis weiterhin aus, kann zudem eine Kündigung gerechtfertigt sein.

Die Klägerin hatte bei der Einstellung die Frage nach dem Bestehen einer Schwerbehinderung unzutreffend verneint. Die Täuschung war jedoch nicht ursächlich für den Abschluss des Arbeitsvertrags. Die Beklagte hat ausdrücklich erklärt, sie hätte die Klägerin auch dann eingestellt, wenn diese die Frage wahrheitsgemäß beantwortet hätte. Die Beklagte konnte die Anfechtung und Kündigung auch nicht darauf zu stützen, dass die Klägerin sie zugleich über ihre Ehrlichkeit getäuscht habe. Die Annahme der Beklagten, die Klägerin sei ehrlich, beruhte nicht auf deren falscher Antwort. Auf die Frage, ob sich der Arbeitgeber vor der Einstellung nach dem Bestehen einer Schwerbehinderung erkundigen darf, kam es nicht an. Die Klägerin ihrerseits hat keinen Anspruch auf Entschädigung wegen einer Diskriminierung. Es gab keine ausreichenden Indiztatsachen dafür, dass sie von der Beklagten wegen ihrer Behinderung benachteiligt wurde. Der Senat hat nicht entschieden, ob § 15 AGG bei unzulässig diskriminierenden Kündigungen überhaupt anwendbar ist.

Verfasser: Rechtsanwalt Sagsöz

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7. Juli 2011 – 2 AZR 396/10 –