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Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst, die vor 1990 Kinder bekommen haben, können mit einer höheren Betriebsrente rechnen. Das BVG kippte eine Regelung, wonach die Mutterschutzzeiten vor 1990 nicht in die Berechnung der Betriebsrente einbezogen wurden, weil das Mutterschaftsgeld steuerfrei gestellt war. Dadurch zahlte der Arbeitgeber keine Umlagen, was sich wiederum auf die Berechnung der Betriebsrente auswirkte. Die Richter sahen hier ein Verbot der geschlechterbezogenen Diskriminierung.

Vor dem Amts- und Landgericht scheiterte sie zunächst. Die obersten Verfassungsrichter gaben ihr nun recht. Es gehe nicht an, dass die Monate im Mutterschutz nicht, Krankheitsmonate aber sehr wohl auf die Rente angerechnet werden.

Verfasser Rechtsanwalt Sagsöz

AZ: 1BvR 1409/10

* Die  Beteiligte zu 3 . hatte im August 2005 beim Vormundschaftsgericht (Amtsgericht Königswinter) beantragt, die Annahme der inzwischen knapp 22-jährigen Beteiligten zu 1 . und der 25-jährigen Beteiligten zu 2 . auszusprechen . Diese sind türkische Staatsangehörige und seit ca . 9 Jahren vollziehbar ausreisepflichtig . Sie leben zusammen mit ihren Geschwistern und Eltern in Königswinter.

Die Beteiligte zu 3 ., die in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Beteiligten zu 1 . und 2 . lebt , haben diese etwa 1999 während eines Praktikums im Altenheim “ St . L “ kennen gelernt , in welchem die Beteiligte zu 3 . bis September 2005 ehrenamtlich tätig war . Das Vormundschaftsgericht hat den Adoptionsantrag nach Anhörung aller Beteiligten durch Beschluss zurückgewiesen . Zur Begründung hat das Amtsgericht darauf verwiesen , dass die Annahme als Kind sittlich nicht gerechtfertigt sei , weil sie dazu diene , die Abschiebung der Anzunehmenden in die Türkei zu verhindern . Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht durch Beschluss vom 01 . 08 . 2006 – 4 T 312 / 06 – zurückgewiesen .

Mit ihrer fristgerecht  eingelegten weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligten ihren Adoptionsantrag weiter .

Das Landgericht Bonn habe lediglich pauschal auf die drohende Abschiebung der Beteiligten zu 1 . und 2 . abgestellt . Die Rechtsbeschwerde sieht darin eine Verletzung von Art . 6 GG . Das Grundrecht verleihe einen Anspruch darauf , ein bestehendes Mutter-Kind-Verhältnis durch eine Adoption offiziell werden zu lassen . Die zulässigen weiteren Beschwerden führen zwar zur Aufhebung der Vorentscheidungen , in der Sache indes zu keinem Erfolg . Das Amtsgericht Königswinter war zur Entscheidung örtlich nicht zuständig . Auch dem Landgericht Bonn fehlte die örtliche Zuständigkeit.  Zuständig für die Entscheidung über die Adoption wäre das Amtsgericht Köln gewesen. Diese Zuständigkeitsbestimmung gilt nicht nur bei Adoptionen Minderjähriger , sondern nach der Rechtsprechung des Senats auch bei Adoptionen Volljähriger mit ausländischer Staatsangehörigkeit ( Senat vom 29 . 05 . 2006 , StAZ 2006 , 234 ; vgl . auch Senat vom 17 . 10 . 2005 , StAZ 2006 , 76 ). Ein solcher Fall liegt hier. Die Anzunehmenden , die Beteiligten zu 1 . und 2 . sind türkische Staatsangehörige . Nach § 7 FGG sind gerichtliche Handlungen eines örtlich unzuständigen Gerichts zwar nicht wegen fehlender Zuständigkeit unwirksam. Im Rechtsmittelverfahren sind sie indes wegen dieses Verfahrensfehlers aufzuheben, ohne dass es hierzu einer Rüge bedarf.  Eine Aufhebung und Zurückverweisung mit dem Ziel der Abgabe an das zuständige Amtsgericht ist hier allerdings entbehrlich . Denn dem Rechtsbeschwerdegericht ist auch eine eigene Entscheidung nicht verwehrt , wenn die bisher tätigen Gerichte und das zuständige Amts- oder Landgericht zu seinem Bezirk gehören und weitere Aufklärung nicht erforderlich ist . Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an . In Anbetracht der in der Entscheidung des BayObLG vom 7 . 3 . 1968 herangezogenen Gründe hat der Senat ebenfalls keine Bedenken gegen eine eigene Sachentscheidung , die grundsätzlich bei hinreichend aufgeklärtem Sachverhalt rechtlich möglich ist . Auch das Erfordernis des gesetzlichen Richters spricht nicht dagegen , da diesem durch die Entscheidung des zuständigen Oberlandesgericht Rechnung getragen wird. Schließlich steht auch das Erfordernis des rechtlichen Gehörs nicht dagegen, worauf bereits das BayObLG hingewiesen hat , sofern die Beteiligten in den Vorinstanzen ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme hatten . Im vorliegenden Fall ist der Sachverhalt ausreichend aufgeklärt .

Der Senat kommt bei einer erneuten Prüfung des Sachverhalts ebenso wie das Landgericht zu dem Ergebnis , dass die Voraussetzungen für eine Volljährigenadoption nicht gegeben sind .

Die Adoption unterliegt aufgrund der deutschen Staatsangehörigkeit der Beteiligten zu 3 . deutschem Recht ( Art. 22 S . 1 EGBGB ). Es begegnet keinen Bedenken , die Vorschriften über die Volljährigenadoption anzuwenden , da an der nach ihrem türkischen Heimatrecht zu beurteilenden Volljährigkeit der anzunehmenden Beteiligten zu 1 . und 2 . keine Zweifel bestehen . Da eine Adoption bereits nach deutschem Recht abzulehnen ist , sind die grundsätzlich über Art . 23 S . 1 EGBGB beachtlichen Anforderungen des türkischen Rechts hier nicht von Bedeutung . In Anbetracht der in den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen sind die Voraussetzungen des § 1767 BGB nicht erfüllt. Verbleibende Zweifel führen zur Ablehnung des Antrags , da einem Adoptionsantrag im Ergebnis nur stattzugeben werden kann , wenn die Voraussetzungen für eine Adoption positiv festgestellt werden ( vgl . OLG Köln , NJW-RR , 1004 , 155 ; BayObLG , NJWE-FER 1998 , 78 ), was hier nicht der Fall ist . Ein Volljähriger kann als Kind angenommen werden , wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist . Dies setzt voraus , dass zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist (§ 1767 Abs . 1 2 . HS .) oder die Entstehung zumindest objektiv zu erwarten ist ( Palandt / Diederichsen , BGB , 65 . Aufl . 2006 , § 1767 Rn . 2 ). Eine solche Beziehung zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern ist im Wesentlichen durch eine innere Verbundenheit und die Bereitschaft zu gegenseitigem Beistand gekennzeichnet ist. Die Begründung einer dem natürlichen Eltern-Kind-Verhältnis nachgebildeten Beistandsgemeinschaft muss Hauptzweck der Adoption sein ; die Beteiligten müssen mit der Adoption vorrangig dieses familienbezogene Motiv verfolgen ( OLG Köln , a . a . O .; OLG Hamm , FGPrax 2003 , 124 , 125 m . w . N .). Sonstige , etwa wirtschaftliche oder ausländerrechtliche Zwecke , dürfen demgegenüber lediglich einen Nebenzweck bilden. Die Adoption darf insbesondere nicht dazu missbraucht werden , dem Anzunehmenden unter Umgehung der ausländerrechtlichen Vorschriften ein Bleiberecht in Deutschland zu verschaffen ( BayObLG , NJWE-FER 2000 , 146 ).

Die dargestellten Grundsätze hat bereits das – örtlich unzuständige – Erstbeschwerdegericht in seiner Entscheidung , die inhaltlich nicht zu beanstanden ist , umfassend berücksichtigt . Zwar kann davon ausgegangen werden, dass zwischen den Beteiligten in den vergangenen Jahren eine freundschaftliche Beziehung entstanden ist , die von gegenseitiger Hilfsbereitschaft und vielfältiger Unterstützung geprägt ist , was auch das Landgericht gesehen hat .  Schon der Umstand das die Beteiligten nicht zusammenleben wollen, ist ein gewichtiges Indiz gegen das Bestehen einer echten Eltern-Kind-Beziehung. Der persönliche Kontakt der Beteiligten beschränkte sich auf wenige Treffen am Arbeitsplatz.  Diese Verhaltensweisen legen eher die Annahme nahe , dass zwischen den Beteiligten ein doch distanziertes Verhältnis besteht. Anhaltspunkte für eine echte Mutter-Tochter-Beziehung , wie sie die Beteiligte zu 3 . anspricht , kann der Senat dagegen nicht erkennen . Für eine gewisse Distanz in der Beziehung der Beteiligten , die an einer engen familiären Freundschaft zweifeln läßt , spricht auch das Fehlen eines Kontaktes der Anzunehmenden zu dem Sohn der Annehmenden , ihrem einzigen Kind . Die Beteiligten zu 1 . und 2 . haben den Sohn , mit dem die Beteiligte zu 3 . jedenfalls ca . zwei Jahre zusammengelebt hat , bisher nicht kennen gelernt . Bei einer familienähnlichen Beziehung hätte es nahe gelegen , den Sohn und die Beteiligten zu 1 . und 2 . miteinander bekannt zu machen , selbst wenn das Mutter- Sohn-Verhältnis nicht konfliktfrei war und ist . Schließlich wird die sittliche Rechtfertigung der Adoption auch deshalb in Frage gestellt , weil die Beteiligten zu 1. und 2 . nach wie vor eine sehr enge Beziehung zu ihren leiblichen Eltern pflegen .

Somit bleiben die Adoptionsanträge der Beteiligten zu 3 . ohne Erfolg.

Verfasser Sagsöz

*(OLG Köln – Entscheidung, weitgehend wortgetreu, mit Auslassungen)