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Ein Scheidungsbeschluss eines deutschen Gerichts muss für einen türkischen Staatsbürger  vor türkischen Behörden anerkannt sein. Die Scheidung könnte sonst nicht bei einem türkischen Personenstandesamt registriert werden. Der Antragsteller/ in  würde  weiterhin als verheiratet gelten.

Eine Folge wäre, dass man nicht erneut heiraten kann, weder in der Türkei noch in Deutschland (Ehefähigkeitszeugnis).  Ein Scheidungsbeschluss  in Deutschland, durch das die Ehe eines Türken in Deutschland für geschieden erklärt wurde, muss in der Türkei auch formal anerkannt werden, damit es dort rechtswirksam wird.

Sollte eine solche Anerkennung nicht stattfinden, haben ausländische Beschlüsse / Urteile keine rechtliche Wirkung bei türkischen Behörden.  Ein Beschluss in einer Familiensache, welches in Deutschland ergangen ist und einen vollstreckbaren Inhalt hat (Errungenschaft und Unterhalt etc.), muss auch in der Türkei nochmals für vollstreckbar erklärt werden, damit es dort vollstreckt werden kann. Bei dem „Tenfiz davasi“ brauchen Sie dann einen weiteren, türkischen Anwalt – vor Ort.

Zuständig für diese Verfahren sind die Familiengerichte am letzten Wohnort in der Türkei.

Auch einer Entscheidung, durch die die Ehe eines Deutschen in der Türkei geschieden wurde, wird  in Deutschland erst wirksam, wenn die Landesjustizverwaltung festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen.  So kann ein sog. ordre- public -Verstoß dazu führen, dass eine Anerkennung verwehrt wird. Es gilt somit selbstverständlich: vorher informieren!

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Familienrecht, A. Sagsöz

Bonn/ Köln

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hatte in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht dem Antragsteller die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe verweigert, weil er nicht glaubhaft gemacht hat, dass die Ehescheidungsvoraussetzungen nach türkischem Recht vorlagen:

Das OLG Köln betonte, dass die Vorinstanz (Familiengericht Brühl) zu Recht davon ausging, dass sich der Scheidungsantrag aufgrund der beiderseitigen türkischen Staatsangehörigkeit der Eheleute gemäß EGBGB – Vorschriften nach türkischem Zivilgesetzbuch ( ZGB ) richtet, wobei sich der Antragsteller auf den Scheidungsgrund der Zerrüttung stützte. Zutreffend sei auch das Familiengericht davon ausgegangen , dass hier die Zerrüttungsvermutung des Art. 166 III und IV türkisches ZGB wegen des Widerspruchs der Antragsgegnerin nicht gegeben war, der Antragsteller die Zerrüttung substantiiert darzulegen hatte . Der Tatsachenvortrag des Antragstellers zur Zerrüttung der Ehe war nicht ausreichend.

Wenn der Scheidungsantrag auf Art . 166 des türkischen ZGB gestützt ist , kann die Gegenseite nach Art . 166 II t-ZGB der Scheidung unter bestimmten Voraussetzungen widersprechen. Das Widerspruchsrecht kann nach dem türkischen ZGB auch dann wenn die eheliche Gemeinschaft nicht mehr besteht und voraussichtlich nicht mehr hergestellt werden kann, eröffnet sein ; die deutschen Gerichte haben diese Entscheidung des türkischen Gesetzgebers zu beachten!

In diesem Fall ist Voraussetzung für die begehrte Scheidung nach Art . 166 Abs . 1 türkisches ZGB , das dem widersprechenden Teil zumindest ein geringes Verschulden an der Zerrüttung der Ehe angelastet werden kann. Der Vortrag des jeweiligen Antragstellers darf hier nicht formelhaft erfolgen, um ein auch nur geringes Verschulden der Antragsgegnerin an der Zerrüttung der Ehe belegen zu können. Der zu fordernde substantiierte Vortrag zum “ geringen Verschulden “ ist nach der von der deutschen Rechtsprechung geteilten höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Türkei Voraussetzung für eine Zerrüttungsscheidung nach Art . 166 Abs . 1 des Türkischen ZGB. Bei einem Widerspruch gegen die Scheidung werden die verschuldensunabhängigen Zerrüttungsursachen nicht akzeptiert. Vielmehr ist von einem Alleinverschulden des klagenden Ehegatten auszugehen, wenn ein auch nur geringes Verschulden des widersprechenden Teils nicht festzustellen ist. Dann scheiterte der auf den Zerrüttungstatbestand nach Art . 166 Abs . 1 des türkischen ZGB gestützte Scheidungsantrag des Antragstellers am Widerspruch der Gegenseite, da er nicht ausnahmsweise im Sinne des Art . 166 Abs . 2 S . 2 türkisches ZGB als rechtsmissbräuchlich anzusehen war. Allein die Zerrüttung der Ehe und eine mehrjährige Trennung lässt einen Widerspruch noch nicht als rechtsmissbräuchlich erscheinen. Es müssen Anhaltspunkte dafür vorliegen , dass dieser Widerspruch nur erfolgt , um einen Ehegatten böswillig an dem formalen Eheband festhalten zu lassen. Dies wurde aber nicht festgestellt. Insbesondere war der Vortrag der Antragsgegnerin im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren zu berücksichtigen, wonach die Tatsache , dass sie sich häufig nicht zu Hause im Familienheim aufgehalten hat, darauf zurückzuführen war, dass sie in der Gastronomie berufstätig war und ganz erheblich zum Unterhalt der Familie hierdurch mit beigetragen hatte. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass sie ein geringes Verschulden an der behaupteten Zerrüttung treffen würde. Zutreffend wies der Antragsteller selbst darauf hin , dass dem entscheidenden Richter bei der Prüfung der Zerrüttungsvoraussetzung ein gewisser Ermessenspielraum zusteht. Dieser kann vorliegend aber nur dahin ausgeübt werden , dass eine Zerrüttung nicht festgestellt werden kann. Dabei sei der Antragsteller darauf hingewiesen, dass er zum schlüssigen Vortrag der Scheidungsvoraussetzungen gehalten war, im Einzelnen in der Antragsschrift die ausländische Rechtssituation darzustellen und ggf . durch Einholung eines Rechtsgutachtens unter Beweis zu stellen hat.

Verfasser: RA Sagsöz

OLG Köln

4 WF 177/ 10 (Oktober 2010)