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Die Kläger sind Eheleute. Der Kläger zu 1) hatte als Bruder des (zukünftigen) Bräutigams dem Vater der Braut bei der Verlobungsfeier 8.000 € übergeben, damit dieser in die Eheschließung einwilligte. Die Ehe wurde auch geschlossen, die Braut verließ ihren Ehemann jedoch noch innerhalb des ersten Ehejahres und zog wieder in den Haushalt ihres Vaters. Die Kläger verlangten nun die Rückzahlung der 8.000 € und beriefen sich darauf, dass nach yezidischen Glauben eine Rückzahlungspflicht bestehe, wenn die Ehe deshalb keinen Bestand habe, weil die Braut den Bräutigam verlasse. Eine Pflicht das Brautgeld zurückzuzahlen hat das OLG Hamm jedoch aus folgenden Gründen verneint:

Ein vertraglicher Rückzahlungsanspruch bestehe nicht, da die Brautgeldabrede im Widerspruch zu den der deutschen Sitten- und Werteordnung zugrunde liegenden und im Grundgesetz verankerten Prinzipien der Freiheit der Eheschließung (Art. 6 GG) sowie der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) stehe und somit nach § 138 BGB nichtig sei. Auch wenn das Grundgesetz zugleich das Gebot der Toleranz und der Offenheit für andere Kulturkreise enthalte, seien andersartige Gebräuche nur solange geschützt, wie sie nicht im eklatanten Widerspruch zu der allgemeinen Werteordnung stünden. Dem Klägervortrag hätten sich vorliegend zwar keine Anhaltspunkte für eine Zwangsheirat entnehmen lassen, jedoch stünde das Aushandeln eines Brautgeldes oft im Zusammenhang mit arrangierten Ehen, bei denen insbesondere den Töchtern wenig Mitspracherecht zukomme und auch vorliegend habe die Eheschließung überwiegend auf einer Übereinkunft der Familien beruht. Dadurch, dass die Heirat von der Zahlung eines beträchtlichen Brautgeldes abhängig gemacht würde, könne die Tochter nicht mehr frei wählen, wen sie heiraten möchte, sondern es käme als potentieller Bräutigam nur in Betracht, wer (oder wessen Familie) auch in der Lage sei, den Brautpreis aufzubringen. Dies verstoße jedoch gegen den Grundsatz der Freiheit der Eheschließung. Etwas anderes könne nur gelten, wenn es sich bei dem Brautgeld um einen rein symbolischen Betrag handle, was vorliegend aber nicht der Fall gewesen sei.

Die Brautgeldabrede lasse sich darüber hinaus auch nicht mit der Menschenwürdegarantie aus Art. 1 Abs. 1 GG vereinbaren, die von den Gerichten bei der Auslegung des § 138 BGB zu beachten sei. Das Brautgeld sollte ausschließlich beim Vater der Braut verbleiben, also nicht der Braut selbst zu Gute kommen, so dass die Brautgeldabrede durchaus gewisse Ähnlichkeiten zum „Kauf“ aufweise. Auch verletzten die zwischen den Familien geführten Brautgeldverhandlungen das Selbstbestimmungsrecht der Tochter, diese sei vielmehr gleich einem Objekt oder einer Ware zum Gegenstand von Vertragsverhandlungen gemacht worden.

Das gefundene Ergebnis stehe, so das OLG Hamm, auch nicht im Widerspruch zur allgemein akzeptierten islamischen Morgengabe. Diese komme allein der Braut zu Gute und diene dieser zur Absicherung im Falle der Scheidung oder des Todes des Ehemanns. Damit unterscheide sie sich erheblich von dem hier gegenständlichen yezidischen Brautpreis.

Den Klägern stehe auch kein Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu. Auch wenn die Voraussetzungen dem Grunde nach bestünden, da der Beklagte das Brautgeld ohne wirksamen Rechtsgrund durch Leistung der Kläger erlangt habe, scheitere ein Anspruch vorliegend an § 817 Satz 2 BGB, da die Kläger durch den Abschluss der Brautgeldabrede und die Zahlung des Brautgeldes selbst gegen die deutsche Sittenordnung verstoßen hätten.

Verfasser: RA Sagsöz

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 13.01.2011 – I-18 U 88/10

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hatte in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Familiengericht dem Antragsteller die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe verweigert, weil er nicht glaubhaft gemacht hat, dass die Ehescheidungsvoraussetzungen nach türkischem Recht vorlagen:

Das OLG Köln betonte, dass die Vorinstanz (Familiengericht Brühl) zu Recht davon ausging, dass sich der Scheidungsantrag aufgrund der beiderseitigen türkischen Staatsangehörigkeit der Eheleute gemäß EGBGB – Vorschriften nach türkischem Zivilgesetzbuch ( ZGB ) richtet, wobei sich der Antragsteller auf den Scheidungsgrund der Zerrüttung stützte. Zutreffend sei auch das Familiengericht davon ausgegangen , dass hier die Zerrüttungsvermutung des Art. 166 III und IV türkisches ZGB wegen des Widerspruchs der Antragsgegnerin nicht gegeben war, der Antragsteller die Zerrüttung substantiiert darzulegen hatte . Der Tatsachenvortrag des Antragstellers zur Zerrüttung der Ehe war nicht ausreichend.

Wenn der Scheidungsantrag auf Art . 166 des türkischen ZGB gestützt ist , kann die Gegenseite nach Art . 166 II t-ZGB der Scheidung unter bestimmten Voraussetzungen widersprechen. Das Widerspruchsrecht kann nach dem türkischen ZGB auch dann wenn die eheliche Gemeinschaft nicht mehr besteht und voraussichtlich nicht mehr hergestellt werden kann, eröffnet sein ; die deutschen Gerichte haben diese Entscheidung des türkischen Gesetzgebers zu beachten!

In diesem Fall ist Voraussetzung für die begehrte Scheidung nach Art . 166 Abs . 1 türkisches ZGB , das dem widersprechenden Teil zumindest ein geringes Verschulden an der Zerrüttung der Ehe angelastet werden kann. Der Vortrag des jeweiligen Antragstellers darf hier nicht formelhaft erfolgen, um ein auch nur geringes Verschulden der Antragsgegnerin an der Zerrüttung der Ehe belegen zu können. Der zu fordernde substantiierte Vortrag zum “ geringen Verschulden “ ist nach der von der deutschen Rechtsprechung geteilten höchstrichterlichen Rechtsprechung in der Türkei Voraussetzung für eine Zerrüttungsscheidung nach Art . 166 Abs . 1 des Türkischen ZGB. Bei einem Widerspruch gegen die Scheidung werden die verschuldensunabhängigen Zerrüttungsursachen nicht akzeptiert. Vielmehr ist von einem Alleinverschulden des klagenden Ehegatten auszugehen, wenn ein auch nur geringes Verschulden des widersprechenden Teils nicht festzustellen ist. Dann scheiterte der auf den Zerrüttungstatbestand nach Art . 166 Abs . 1 des türkischen ZGB gestützte Scheidungsantrag des Antragstellers am Widerspruch der Gegenseite, da er nicht ausnahmsweise im Sinne des Art . 166 Abs . 2 S . 2 türkisches ZGB als rechtsmissbräuchlich anzusehen war. Allein die Zerrüttung der Ehe und eine mehrjährige Trennung lässt einen Widerspruch noch nicht als rechtsmissbräuchlich erscheinen. Es müssen Anhaltspunkte dafür vorliegen , dass dieser Widerspruch nur erfolgt , um einen Ehegatten böswillig an dem formalen Eheband festhalten zu lassen. Dies wurde aber nicht festgestellt. Insbesondere war der Vortrag der Antragsgegnerin im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren zu berücksichtigen, wonach die Tatsache , dass sie sich häufig nicht zu Hause im Familienheim aufgehalten hat, darauf zurückzuführen war, dass sie in der Gastronomie berufstätig war und ganz erheblich zum Unterhalt der Familie hierdurch mit beigetragen hatte. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass sie ein geringes Verschulden an der behaupteten Zerrüttung treffen würde. Zutreffend wies der Antragsteller selbst darauf hin , dass dem entscheidenden Richter bei der Prüfung der Zerrüttungsvoraussetzung ein gewisser Ermessenspielraum zusteht. Dieser kann vorliegend aber nur dahin ausgeübt werden , dass eine Zerrüttung nicht festgestellt werden kann. Dabei sei der Antragsteller darauf hingewiesen, dass er zum schlüssigen Vortrag der Scheidungsvoraussetzungen gehalten war, im Einzelnen in der Antragsschrift die ausländische Rechtssituation darzustellen und ggf . durch Einholung eines Rechtsgutachtens unter Beweis zu stellen hat.

Verfasser: RA Sagsöz

OLG Köln

4 WF 177/ 10 (Oktober 2010)