Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV)

Nachfolgend finden Sie einen Überblick über die zentralen arbeitsrechtlichen Änderungen, die das BEG IV mit sich bringt.

 

A.Nachweisgesetz/ Gesetzeslage ab dem 1. Januar 2025

  • Die wesentlichen Vertragsbedingungen im Sinne des § 2 NachwG können in Textform (§ 126b BGB) abgefasst werden und elektronisch an den Arbeitnehmer übermittelt werden
  • Das Dokument muss für den Arbeitnehmer zugänglich sein, gespeichert und ausgedruckt werden können
  • Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer mit der Übermittlung aufzufordern, einen Empfangsnachweis zu erteilen
  • Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist die Niederschrift unter Hinweis auf den Geltungsbeginn der wesentlichen Vertragsbedingungen unverzüglich in schriftlicher Form zu erteilen
  • Die Formerleichterung gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in einem Wirtschaftsbereich oder Wirtschaftszweig nach § 2a Abs. 1 SchwArbG tätig ist
  • Für befristete Arbeitsverträge gilt weiterhin das Schriftformerfordernis der Befristungsabrede als solcher (§ 14 Abs. 4 TzBfG; die Befristungsabrede kann durch die elektronische Form des § 126a BGB („qualifizierte elektronische Signatur“) ersetzt werden).
  • Auch nachvertragliche Wettbewerbsverbote bedürfen nach § 74 HGB der Schriftform (auch hier ist § 126a BGB anwendbar)

 

B. Änderungen des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch/ Gesetzeslage ab dem 1. Januar 2025

  • Gemäß § 41 Abs. 2 SGB VI reicht künftig die Textform nach § 126b BGB für eine wirksame Regelrentenaltersbefristung aus
  • Bei allen anderen Befristungen bleibt das strenge Schriftformerfordernis bestehen (§ 14 Abs. 4 TzBfG bleibt unverändert)
  • Künftig können Arbeitsverträge, die abgesehen von der Rentenaltersbefristung unbefristet ausgestaltet sind wirksam in Textform abgeschlossen werden.
  • Die Vereinbarung weiterer auflösender Bedingungen (z.B. vor dem Regelrenteneintritt liegende Altersgrenzen) bedürfen auch weiterhin der Schriftform bzw. der elektronischen Form nach § 14 Abs. 4 TzBfG. § 41 Abs. 2 SGB VI n.F. findet nur auf die Regelrentenaltersbefristung Anwendung

C. Änderungen der Gewerbeordnung/Gesetzeslage ab dem 1. Januar 2025

  • Die elektronische Form nach § 126a BGB (also Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur) reicht künftig aus, wenn der Arbeitnehmer einwilligt (§ 109 Abs. 3 GewO)
  • Die Neuregelung kommt den praktischen Bedürfnissen im Arbeitsrecht nach und vereinfacht die Zeugniserteilung (bisher hat die Übersendung des Zeugnisses schriftlich, in ungeknickter,usw z erfolgen)
  • Für die Einholung der Zustimmung zur Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form bestehen keine eigenständigen Formvorgaben. Aus Nachweisgesichtspunkten lässt man sich die Zustimmung am besten per E-Mail erteilen. Im Fall von gerichtlichen Verfahren sollte die Erteilung in elektronischer Form in den Vergleichstext aufgenommen werden; ebenso bei Aufhebungs- / Abwicklungsvereinbarungen.
  • Der Arbeitgeber ist nicht zur elektronischen Ausstellung verpflichtet.

 

D. Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes

 Die Textform reicht künftig nach § 12 Abs. 1 S. 1 AÜG n.F. aus. Entsprechende Anpassung in § 14 Abs. 3 S. 2 AÜG n.F.: Dem Betriebsrat ist im Rahmen des Verfahrens nach § 99 BetrVG (Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung) nicht mehr zwingend die Erklärung des Verleihers über den Besitz der Verleiherlaubnis in Schriftform vorzulegen.

Die übrigen Vorgaben des § 12 AÜG bleiben unverändert, so dass auch weiterhin darauf zu achten ist, die inhaltlichen Regelungen des § 12 AÜG genau zu befolgen, künftig dann aber in Textform. Dies erleichtert gerade in zeitkritischen Fällen die praktische Handhabung.

 

E. Änderungen des Mutterschutzgesetzes/ Gesetzeslage ab dem 1. Januar 2025:

  • Die Pflicht des Arbeitgebers zur anlassunabhängigen Gefährdungsbeurteilung entfällt, wenn eine vom Ausschuss für Mutterschutz veröffentlichte Regel oder Erkenntnis festlegt, dass eine schwangere oder stillende Frau eine bestimmte Tätigkeit nicht ausüben oder einer Arbeitsbedingung nicht ausgesetzt sein darf (§ 10 Abs. 1 S. 3 MuSchG n.F.).

F. Änderungen des Bundeselterngeld- und Elternzeitengesetzes/ Gesetzeslage ab dem 1. Mai 2025:

  • Der Anspruch auf Elternzeit nach § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG n.F. und der Anspruch auf Teilzeit während der Elternzeit, § 15 Abs. 7 BEEG n.F., können in Textform geltend gemacht werden.
  • Auch die Ablehnung eines solchen Antrags und dessen Begründung durch den Arbeitgeber sind künftig in Textform möglich.
  • Oft stellen Arbeitnehmer einen formunwirksamen Antrag auf Elternzeit oder Teilzeit in Elternzeit per E-Mail. Das wird künftig nicht mehr zur Unwirksamkeit des Antrags führen Andererseits kann nun auch die Ablehnung eines Antrags in Textform erfolgen.
  • Wenn Arbeitgeber Anträge in Textform ablehnen, sollte stets mit Lesebestätigung oder Empfangsbekenntnis gearbeitet werden, um im Bestreitensfalle den Zugang der Ablehnung nachweisen zu können

 G. Änderungen des Pflegezeitgesetzes und des Familienpflegezeitgesetzes/ Gesetzeslage ab dem 1. Januar 2025

  • Die Geltendmachung und Inanspruchnahme durch den Arbeitnehmer sind künftig per Textform möglich.

H. Änderungen des Arbeitszeitgesetzes und Jugendarbeitsschutzgesetzes/ Gesetzeslage ab dem 1. Januar 2025

  • Auf den Aushang oder das Auslegen der genannten Unterlagen kann künftig verzichtet werden
  • Stattdessen können diese Unterlagen mit ,,betriebsüblicher Informations- und Kommunikationstechnik“ den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellt werden (§ 16 Abs. 1 ArbZG n.F.; §§ 47, 48 JArbSchG n.F.).
  • Zwingende Voraussetzung ist, dass alle Beschäftigten einen ungehinderten Zugang zu diesen Informationen haben.Die im Jugendarbeitsschutzgesetz vorgesehene Schriftform für Handlungen kann nach § 1a JArbSchG n.F. ebenfalls in Textform erfolgen (mit Ausnahme von § 6 Abs. 4 S. 1 und § 21a Abs. 2 JArbSchG).

 

Die Schriftform ist nicht etwa abgeschafft worden; es ist lediglich der Anwendungsbereich der Textform in bestimmten Gesetzen erweitert worden.

RA Sagsöz, Bonn/Köln- Fachanwalt Arbeitsrecht

Unklare Formulierungen oder eine fehlende Beteiligung eines bestehenden Betriebsrats gehen zu Lasten des Arbeitgebers.

In dem vorliegenden Fall klagten 3 Arbeitnehmer auf Zahlung von Urlaubsgeld. Die Arbeitgeberin verfasste jahrlang Rundschreiben, in welchen sie darlegte, unter welchen Voraussetzungen Mitarbeitende Urlaubsgeld erhielten. Bei den  Urlaubsgratifikationen ginge es um eine „einmalige, freiwillige und jederzeit widerrufliche soziale Leistung“.

2017 änderte die Arbeitgeberin in einem Rundschreiben die Gratifikationsvoraussetzungen geringfügig. Im Jahr 2020 erhielten die Arbeitnehmer kein Urlaubsgeld. Die Arbeitgeberin begründete dies mit einer angespannten wirtschaftlichen Situation.

 

Entscheidung des BAG

Nach der Entscheidung des BAG hatte die Beklagte zu Unrecht kein Urlaubsgeld gezahlt. Laut BAG resultiere der Urlaubsgeldanspruch aus dem ersten Rundschreiben (bereits 2008).

Die in dem Schreiben enthaltene Kombination aus Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt sei intransparent und demnach gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam gewesen. Der formulierte Vorbehalt sei deswegen nicht geeignet, das aus „wirtschaftlichen Gründen“ fehlende Urlaubsgeld für das Jahr 2020 zu rechtfertigen.

Mit den ab 2017 erfolgten Schreiben habe die Beklagte den Anspruch auch nicht inhaltlich verändern können.

 

Mibestimmung des Betriebsrats

Seit 2013 existierte nämlich ein Betriebsrat bei der Beklagten. War das Schreiben von 2008 mangels damals existierenden Betriebsrats noch ohne dessen Zustimmung möglich gewesen, so bedurfte es ab 2013 für eine Änderung der Vergütungsordnung der Mitwirkung des Betriebsrates siehe hierzu:

§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.

Insbesondere könne auch nicht in der stillschweigenden Hinnahme des Verhaltens der Arbeitgeberin durch den Betriebsrat eine Zustimmung gesehen werden.

Aufgrund der sog. Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung konnten die Mitarbeitenden bei einer unter Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht vorgenommenen Änderung der Entlohnungsgrundsätze weiterhin eine Vergütung nach den zuletzt mitbestimmungsgemäß eingeführten Grundsätzen fordern.

FAZIT

Genäß BAG sollten Vereinbarungen klar und widerspruchslos formuliert sein.

Wird gleichzeitig von einer „freiwilligen“ Zuwendung gesprochen, steht dies einem Widerrufsvorbehalt entgegen.

Des Weiteren ist bei Änderungen von Vergütungsregelungen stets das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu beachten.

BAG erneut deutlich macht (Urteil vom 21.02.2024 -10 AZR 345/22).

 

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Es geht bei dem Fall vom 23.08.2023 (  Aktenzeichen 3 BV 31 e/23 ) um den § 23 BetrVG. Der  Betriebsrat  wurde aufgrund vielfacher Verstöße aufgelöst, obwohl der ein oder andere Fehltritt für sich betrachtet,  nicht so schwer wog.

Ein Umfang der angezeigten Betriebsratsarbeit, welcher die gesetzlich vorgesehene Freistellung ( iSd. § 38 BetrVG ) um ein Vielfaches übersteigt, hatte Zweifel an der Erforderlichkeit der angezeigten Betriebsratsarbeit begründet.

Zudem hatte sich der Betriebsrat durch Beschluss eine falsche Versicherung an Eides Statt des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden zu eigen gemacht, was eine Pflichtverletzung darstellte.

Das Gericht in Elmshorn betonte die Bedeutung der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 BetrVG) zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Die Missachtung dieser Pflichten, insbesondere die unangemessene Reaktion auf Anfragen der Arbeitgeberin, wurde als schwerwiegend eingestuft.

Eine Vielzahl lediglich mittlerer Fehler kann damit auch zur Auflösung des Betriebsrats führen, weswegen das Urteil bundesweit Beachtung fand.

Fehler des Betriebsrates bzw. der Mitglieder schlagen aber durchaus nicht automatisch auf das einzelne Arbeitsverhältnis durch (Kündigung).

Rechtsanwalt Sagsöz, Köln/ Bonn

Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=ArbG%20Elmshorn&Datum=23.08.2023&Aktenzeichen=3%20BV%2031%20e%2F23

Eine Matrix-Führungskraft ist regelmäßig in ihrem „Stammbetrieb“, nämlich dem Betrieb, dem sie arbeitsvertraglich zur regelmäßigen Arbeitsleistung zugeordnet ist, zum Betriebsrat wahlberechtigt. Die Kriterien, die das BAG in seinem Beschluss vom 12.6.2019 (BAG Az  1 ABR 518 1 ABR 5/18) zur Beurteilung der Frage der Eingliederung von Matrix-Führungskräften in einen Betrieb nach § 99 BetrVG für maßgeblich erachtet, sind wegen der unterschiedlichen Normzwecke nicht vollumfänglich auf die nach § 7 BetrVG vorzunehmende Beurteilung der Wahlberechtigung von Matrix-Führungskräften übertragbar.

 

Beschluss vom 13.06.2024 – 3 TaBV 1/24

Beschluss vom 17.10.2023 – 1 ABR 24/22

Dem Betriebsrat steht kein Mitbestimmungsrecht (§ 87 BetrVG) zu, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern die private Nutzung von Smartphones während der Arbeitszeit untersagt, um eine ordnungsgemäße Arbeitsleistung sicherzustellen.