Mit Beschluss vom 12. März 2019 (1 ABR 42/17) verwehrte das #BAG dem Betriebsrat die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gem. § 87 Abs. 1 BetrVG, § 23 Abs. 3 BetrVG.
Ausgangspunkt der Entscheidung war der im BetrVG (#Betriebsverfassungsrecht) verankerte Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Dieser verpflichtet die Betriebsparteien bei der Wahrnehmung ihrer gegenseitigen Rechte und Pflichten auf die jeweiligen Interessen der anderen Betriebspartei Rücksicht zu nehmen.
Wie schon in der Vergangenheit betont das BAG die Geltung des Verbots der unzulässigen Rechtsausübung nach § 2 Abs. 1 BetrVG auch zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG gilt erst dann als ausgeübt, wenn entweder der Betriebsrat der mitbestimmungspflichtigen Maßnahme zugestimmt hat oder die Einigung der Betriebsparteien durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt wurde. Das ist normiert.
Der erfolglose Versuch eines Einigungsstellenverfahrens nach § 87 Abs. 2 BetrVG genügt dem Mitbestimmungsrecht gerade nicht.
Es kann vorkommen, dass der Betriebsrat bei einer (eiligen) mitbestimmungsbedürftigen Maßnahme eine Einigung mit dem Arbeitgeber durch mangelnde Kooperationsbereitschaft derart zu verschleppen versucht, dass die Maßnahme durch Zeitablauf nicht mehr sinnvoll umgesetzt werden kann.Setzt der Arbeitgeber unter diesen Umständen die mitbestimmungspflichtige Maßnahme ohne die (ggf. durch Spruch der Einigungsstelle ersetzte) Zustimmung des Betriebsrats um, verletzt er dennoch das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs.1 BetrVG. Der Betriebsrat kann in diesem Fall grundsätzlich die Unterlassung der zustimmungswidrig umgesetzten Maßnahme aus § 87 Abs. 1 BetrVG bzw. § 23 Abs. 3 BetrVG gerichtlich beantragen.
Das BAG setzt einem solchen Vorgehen des Betriebsrats nunmehr Grenzen.
In der Klinik einer tarifgebundenen Arbeitgeberin wurde das Personal nach monatlichen Dienstplänen beschäftigt. Nach Meinungsverschiedenheiten in einer anderen Angelegenheit lehnte der Betriebsrat im Februar 2015 die Aufstellung mehrerer Dienstpläne für den Folgemonat zum Teil ab. Die Arbeitgeberin bat den Betriebsrat im Folgenden vergeblich um dessen Zustimmung zur Einrichtung einer Einigungsstelle und strengte schließlich ein Verfahren zur Einsetzung durch das Arbeitsgericht an. Auf den entsprechenden gerichtlichen Beschluss kündigte der Betriebsrat an, hiergegen Beschwerde einzulegen. Bezüglich der Dienstpläne für April 2015 stimmte der Betriebsrat erst nach Einleitung des Verfahrens zur Einrichtung einer Einigungsstelle zu. In der darauffolgenden Sitzung trug der Betriebsrat trotz gerichtlicher Auflage keine auf einen konkreten Dienstplan bezogenen Einwände vor. Weitere Verzögerungen dieser und ähnlicher Art folgten.
Die Arbeitgeberin gab die Dienstpläne dennoch im Betrieb bekannt. Im Wege des gerichtlichen Beschlussverfahrens forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin dazu auf, eine Umsetzung der monatlichen Dienstpläne ohne vorherige – ggf. durch die Einigungsstelle ersetzte – Zustimmung des Betriebsrats zu unterlassen. Mit den weiteren Anträgen begehrte der Betriebsrat insbesondere die Unterlassung der Arbeitgeberin, einzelne Arbeitnehmer abweichend von den aufgestellten Dienstplänen einzusetzen.
Nachdem das #Arbeitsgericht Göttingen in 1. Instanz die Anträge des Betriebsrats zum überwiegenden Teil abgewiesen hatte, war der Betriebsrat mit seiner Beschwerde beim LAG Niedersachsen erfolgreich.
Das BAG hat entschieden, dass der Betriebsrat weder einen Anspruch auf Unterlassung der Umsetzung nicht abgestimmter Dienstpläne noch einer Abweichung von jenen habe. Diesbezügliche Anträge seien zwar zulässig, jedoch unbegründet. Durch die Bekanntgabe der Dienstpläne im Betrieb ohne (durch Spruch der Einigungsstelle ersetzte) Zustimmung habe die Arbeitgeberin zwar das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG verletzt, jedoch stehe den Unterlassungsansprüchen aus § 87 Abs. 1 BetrVG und § 23 Abs. 1 BetrVG vorliegend ausnahmsweise der sog. Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG entgegen. Dies könne zwar nur in eng begrenzten Ausnahmefällen angenommen werden; eine solche Ausnahmesituation bejahte das BAG jedoch im vorliegenden Fall.
Der Betriebsrat berufe sich auf Unterlassungsansprüche, die aus der Verletzung seines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG durch die Arbeitgeberin herrührten. Diese Ansprüche habe der Betriebsrat indes unter grobem Verstoß gegen seine Mitwirkungspflichten aus § 74 Abs. 1 S. 2 i.V.m § 2 Abs. 1 BetrVG erlangt. Die Arbeitgeberin war vorliegend zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages, eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, darauf angewiesen, in regelmäßigen Abständen Dienstpläne aufzustellen. Der Betriebsrat hätte alle Anstrengungen unternehmen müssen, um an der Aufstellung der Dienstpläne mitzuwirken. Das war nicht der Fall. Vielmehr hatte er jegliche Mitwirkung verweigert.
Der Beschluss des BAG konkretisiert den betriebsverfassungsrechtlichen Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit im Zusammenhang mit Unterlassungsansprüchen, die aus einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG resultieren.
Krankenhäuser, Pflegeheime und Altenheime sind aufgrund ihrer Betriebsabläufe auf die Aufstellung von Dienstplänen in regelmäßigen Abständen angewiesen, um die ordnungsgemäße Koordinierung des Personaleinsatzes sicherzustellen; dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit von Schichtarbeit sowie die Anforderungen des Arbeitszeitgesetzes.
Zwar besteht auch bei solchen Arbeitgebern, für welche die Ausübung der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG eine enorme, über das normale Maß hinausgehende Bedeutung hat, weiterhin die Pflicht, selbst bei einer „Blockadehaltung“ des Betriebsrats dessen Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu beachten. Das BAG verpflichtet den Betriebsrat dazu, alles Erforderliche zu unternehmen, um eine einvernehmliche Regelung im Rahmen des ihm gesetzlich zustehenden Mitbestimmungsrechts bei der Verteilung der von den Arbeitnehmern geschuldeten Arbeitszeit zu erreichen.
Kommt der Betriebsrat dieser Mitwirkungspflicht nicht (hinreichend) nach, muss er im Einzelfall damit rechnen, dass der Arbeitgeber mitbestimmungswidrige Dienstpläne durchsetzen kann, ohne dass der Betriebsrat eine Unterlassung verlangen könnte. Arbeitgeber sind jedoch darauf hinzuweisen, dass die Annahme einer missbräuchlichen Rechtsausübung durch den Betriebsrat lediglich in absoluten Ausnahmefällen in Betracht kommt.
RA Sagsöz / Arbeitsrecht Köln
Quelle: BAG Az. 1 ABR 42/17 v. 12.0
https://www.anwalt24.de/anwalt/alpan-sagsoez3.2019
Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, Dienstkleidung
Gericht: Landesarbeitsgericht Köln Aktenzeichen: 3 TaBV 15/10 / 18.08.2010
Leitsätze: 1. Der Betriebsrat hat grundsätzlich bei der Regelung einer einheitlichen Dienstkleidung der Mitarbeiter ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
2. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG gilt nur für Maßnahmen, die das sog. Ordnungsverhalten der Mitarbeiter betreffen. Das sog. Arbeitsverhalten bleibt nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungsfrei.
3. Eine Betriebsvereinbarung, die das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter verletzt, ist unwirksam und darf nicht angewandt werden.
4. Das zulässige Ausmaß einer Beschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit der Mitarbeiter bestimmt sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die jeweilige Regelung muss geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen sein, um den erstrebten Zweck zu erreichen. Vorinstanzen: Arbeitsgericht Köln, Beschluss vom 23.12.2009, 2 BV 104/09
LAG Köln, Beschluss vom 18.08.2010, 3 TaBV 15/10
Rechtsanwalt Sagsöz Arbeitsrecht/ Köln
Quelle LAG Köln
Ein Arbeitgeber kann Beschäftigten idR. nicht in die Freizeitgestaltung hereinreden (Persönlichkeitsrecht u.a.) .
Im Arbeitsverhältnis bestehen für den Arbeitnehmer mit der Arbeitspflicht und für den Arbeitgeber mit der Vergütungspflicht zwei Hauptleistungspflichten. Die Arbeitspflicht bedeutet, dass der Arbeitnehmer bestimmte arbeitsvertragsgemäße Arbeiten während der Arbeitszeit durchzuführen hat. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Arbeitspflicht gemäß des Weisungsrechts aus § 106 Gewerbeordnung (GewO) hinsichtlich Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen zu konkretisieren. In den Bereich der privaten Lebensführung des Arbeitnehmers darf durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers grundsätzlich nicht eingegriffen werden (so das Bundesarbeitsgericht /BAG). Was Arbeitnehmer in ihrer Freizeit machen, geht den Arbeitgeber eben nichts an. Hierfür spricht auch Art. 2 Grundgesetz (GG), wonach jeder ein Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit hat.
Die strikte Trennung der Arbeitszeit von der Freizeit muss aber begrenzbar sein, wenn mit der Freizeitgestaltung des Arbeitnehmers der Arbeitgeber gegen Gesetze verstoßen würde (z.B. Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz), seiner Fürsorgepflicht gegenüber anderen Arbeitnehmern nicht nachkommen könnte, der Ruf des Arbeitgebers gefährdet werden könnte, oder die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers so abnimmt, dass er der Arbeitspflicht nicht oder nicht ausreichend nachkommen kann. Sog. gefahrgeneigte Hobbies sowie jegliche Freizeitgestaltung des Arbeitnehmers sind gesetzlich bzw. vertraglich automatisch beschränkt / unzulässig, wenn sie mit Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers kollidieren. Selbst ohne ausdrückliche Regelung ist kraft Arbeitsverhältnis eine im Wettbewerb zum Arbeitgeber stehende Hobby-Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht zulässig.
Krankheitsbedingt arbeitsunfähige Arbeitnehmer trifft auch die Pflicht, sich während ihrer Krankheit nicht genesungswidrig zu verhalten. Ein Arbeitnehmer, der wegen einer Grippe krankgeschrieben ist, darf keinen Marathon laufen (BAG, Urt. v. 02.03.2006, Az. 2 AZR 53/05).
Arbeitnehmer könnten sich arbeitsvertraglich verpflichten, bei der Gestaltung ihrer Freizeit und damit außerhalb der Arbeitszeit auf die Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Vom Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO ist dies nicht gedeckt. Eine arbeitsvertragliche Vereinbarung muss der strengen Zulässigkeitskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) standhalten.
Beispiel:
Das BAG stuft Skispringen, Drachenfliegen oder Motorradrennen – obwohl Verletzungsgefahr besteht – als nicht besonders gefährliche Sportarten ein. Diese Hobbies gefährden die Ausübung des Berufs zweifellos. Grundsätzlich dürfen diese Hobbies nicht verboten werden.
Selbst wenn der Arbeitgeber gefahrgeneigte Hobbies nur in ganz begrenztem Umfang einschränken darf, ist die Ausübung durch den Arbeitnehmer nicht folgenlos für das Arbeitsverhältnis. Wer aufgrund der Ausübung eines gefahrgeneigten Hobbies krankheitsbedingt ausfällt, hat nur Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für bis zu sechs Wochen, wenn ihn kein Verschulden trifft. Wer jedoch in der Freizeit besonders leichtsinnig agiert oder gefährliche Hobbies ausübt, obwohl er geistig und körperlich dazu nicht in der Lage ist, kann seinen Entgeltfortzahlungsanspruch verlieren. Als gefährliche Sportart hat die Rechtsprechung bisher zB. Kickboxen eingeordnet, nicht jedoch Amateurboxen, Drachenfliegen oder Fußball (BAG Urt. v. 21.01.1976, Az. 5 AZR 593/74). Letzteres sei zwar ein „Kampfspiel“, gehöre jedoch zu den verbreitetsten Sportarten überhaupt, entschied das BAG. Durch die Freizeitgestaltung, die möglicherweise vom Arbeitgeber nicht verboten werden kann, aber den Ruf der Firma gefährdet oder aufgrund des Hobbies die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers beeinträchtigt, können arbeitsrechtliche Sanktionen, wie Abmahnung oder Kündigung folgen.
RA Sagsöz/ Köln-Bonn
Im vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach einer Betriebsschließung angeboten, seine Tätigkeit im Home-Office aufzunehmen. Nachdem der Arbeitnehmer hierzu nicht bereit war, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund wegen Arbeitsverweigerung.
Der Arbeitgeber beschäftigte den Kläger als Ingenieur; der Arbeitsvertrag enthielt keine Regelungen zu einer Änderung des Arbeitsorts. Nachdem der Arbeitnehmer nicht bereit war, seine Tätigkeit im Home-Office zu verrichten, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis.
Die Kündigung war unwirksam, so das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg.
Der Arbeitgeber ist nicht allein wegen seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts berechtigt, dem Arbeitnehmer einen Telearbeitsplatz zuzuweisen. Lehnt der Arbeitnehmer die Ausführung der Telearbeit ab, liegt deshalb keine beharrliche Arbeitsverweigerung vor. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung wie schon das Arbeitsgericht für unwirksam gehalten. Der Arbeitnehmer war arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, die ihm angebotene Telearbeit zu verrichten. Der Arbeitgeber konnte dem Arbeitnehmer diese Tätigkeit nicht aufgrund seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts (§ 106 GewO) einseitig zuweisen. Die Umstände der Telearbeit unterscheiden sich in erheblicher Weise von einer Tätigkeit, die in einer Betriebsstätte zu verrichten sind. Dass Arbeitnehmer z.B. zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf an einer Telearbeit interessiert sein können, führt nicht zu einer diesbezüglichen Erweiterung des Weisungsrechts des Arbeitgebers.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.10.2018 – 17 Sa 562/18
Rechtsanwalt A. Sagsöz /
Ref. ArbR
Nach einem Urteil des Arbeitsgerichts Köln (Az. 19 Ca 3743/18) hat eine Servicekraft, die u.a. am Karnevalssamstag gearbeitet hat, einen Anspruch darauf, dass eine „in der Karnevalszeit“ geleistete Tätigkeit in ihrem Zeugnis steht.
Sie war als Servicekraft bei der Beklagten beschäftigt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilte die Beklagte der Klägerin ein Zeugnis. Mit dem Inhalt war die Klägerin nicht einverstanden und wollte die Verschriftlichung , während der Karnevalszeit gearbeitet zu haben. Sie hatte tatsächlich am Freitag und Samstag nach Weiberfastnacht gearbeitet. Der Arbeitgeber war der Ansicht diese Tage lägen nicht „in der Karnevalszeit“.
Die Klage hatte Erfolg. Das Arbeitsgericht Köln (Urteil, Az. 19 Ca 3743/18) hielt fest, dass die Klägerin in der Karnevalszeit gearbeitet hat. Dabei sei die „Karnevalszeit“ kein gesetzlich exakt definierter Begriff. Allerdings bestehe im Rheinland und insbesondere im Kölner Raum gerichtsbekannt kein Zweifel an der Auslegung des Begriffes. Anders als der Begriff der „Karnevalstage“, die sich ggf. nur auf Weiberfastnacht, Rosenmontag sowie Aschermittwoch beziehen könnten, lasse sich die „Karnevalszeit“ als die gesamte Hochzeit auffassen, in der Karneval gefeiert werde, mithin die Zeit von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch.Da im Rheinland und insbesondere im Kölner Zentrum die Arbeitsbelastung in der Gastronomie in der Karnevalszeit ebenfalls gerichtsbekannt besonders hoch sei, hätten Arbeitnehmer aus der Gastronomie auch ein berechtigtes Interesse daran, dass die Arbeit in dieser Karnevalszeit im Zeugnis besonders erwähnt wird.
Gericht: Arbeitsgericht Köln, Urteil vom 11.01.2019 – 19 Ca 3743/18
Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt entschied, dass eine konfessionslose Bewerberin, die sich vergeblich bei einem kirchlichen Hilfswerk um eine Referentenstelle bewarb, nicht hätte abgelehnt werden dürfen.
Geklagt hatte eine Sozialpädagogin aus Berlin, die als Konfessionslose bei einer Stellenausschreibung der Diakonie nicht zum Zuge gekommen war. Sie forderte eine Entschädigung wegen Diskriminierung und hatte nach fünf Jahren Gang durch die Instanzen vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg (8 AZR 501/14).
Das BAG setzten in ihrem Grundsatzurteil Regeln, wann eine Kirchenmitgliedschaft verlangt werden kann. Sie stützten sich dabei auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg vom April 2018. Wie dieser verlangten auch die Bundesarbeitsrichter, dass eine Religionszugehörigkeit bei Einstellungen nur zur Bedingung gemacht werden kann, wenn das für die konkrete Tätigkeit objektiv geboten ist. Eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion sei nur dann keine Diskriminierung und damit zulässig,
„wenn die Religion nach der Art der Tätigkeiten oder den Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung“.
Das Urteil hat Einfluss auf viele Stellenausschreibungen, die Arbeitgeber für mehr als eine Million Menschen in Deutschland sind. Damit ist das Urteil sehr relevant. Der Klägerin billigte das BAG eine Entschädigung von zwei Monatsbruttoverdiensten zu – ca. 4000,- Euro.
Zum Vorstellungsgespräch sei die Frau allerdings aus einem anderen Grund nicht eingeladen worden: Sie habe nicht den für die Einstellung vorausgesetzten Hochschulabschluss nachweisen können.
Die Kirchen haben in Deutschland ein vom Grundgesetz verbrieftes Selbstbestimmungsrecht, das auch für ihre Rolle als Arbeitgeber gilt. In der Regel verlangen sie unter Verweis auf ihren kirchlichen Auftrag und ihr Ethos von ihren Angestellten die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche. Bei der Evangelischen Kirche und der Diakonie regelt das nach Angaben eines Sprechers eine Loyalitätsrichtlinie, die 2017 überarbeitet wurde
Die Richter orientierten sich an einer Entscheidung des EU-Gerichtshofs: Zwar haben die Kirchen weiter das Recht, für bestimmte Stellen von den Bewerbern die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche zu verlangen. Aber das gilt nicht mehr für alle Stellen. Und Arbeitsgerichte haben künftig das Recht zu überprüfen, ob für die fragliche Stelle die Religionszugehörigkeit „wesentlich, notwendig und gerechtfertigt“ ist.
RA Sagsöz
Beabsichtigt der Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis mit einem Betriebsratsmitglied unter Berufung auf verhaltensbedingte Gründe außerordentlich zu kündigen und schließen Arbeitgeber und Betriebsratsmitglied nach Einleitung eines Verfahrens zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der Kündigung und nach vorausgegangenen Verhandlungen eine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung und ggf. andere Zuwendungen, dann liegt darin idR. keine nach § 78 S. 2 BetrVG unzulässige Begünstigung des Betriebsratsmitglieds.
So entschied es das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Arbeitnehmers.
Dieser war seit 1983 bei der Beklagten beschäftigt und seit 2006 Vorsitzender des in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrats. Anfang Juli 2013 hatte die Beklagte beim Arbeitsgericht unter Berufung auf – vom Arbeitnehmer bestrittene – verhaltensbedingte Gründe ein Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers eingeleitet. Am 22.7.2013 schlossen die Parteien außergerichtlich einen Aufhebungsvertrag. Darin wurde u. a. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2015, die Freistellung unter Vergütungsfortzahlung und eine noch im Verlauf des Arbeitsverhältnisses auszuzahlende Abfindung von 120.000 EUR netto vereinbart.
Nachdem der Kläger am 23.7.2013 vereinbarungsgemäß von seinem Betriebsratsamt zurückgetreten und in der Folgezeit die Auszahlung der Abfindung an ihn erfolgt war, hat er mit der vorliegenden Klage den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses über den 31.12.2015 hinaus geltend gemacht. Er meint, der Aufhebungsvertrag sei nichtig. Er werde durch diesen als Betriebsratsmitglied in unzulässiger Weise begünstigt.
Die Klage blieb beim BAG ohne Erfolg. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) dürfen Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Betriebsratstätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Vereinbarungen, die hiergegen verstoßen, sind nichtig. Durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags wird das Betriebsratsmitglied allerdings regelmäßig nicht unzulässig begünstigt. Soweit die Verhandlungsposition des Betriebsratsmitglieds günstiger ist als die eines Arbeitnehmers ohne Betriebsratsamt, beruht dies auf dem gesetzlich geregelten Sonderkündigungsschutz.
RA Sagsöz, Bonn 0228 9619720
Quelle | BAG, Urteil vom 21.3.2018, 7 AZR 590/16, Abruf-Nr. 200629 unter www.iww.de.
Weitere Fragen hierzu – RA Sagsöz, Bonn / Köln 0221 168 169 62
Vor einer Kündigung wegen Krankheit muss der Arbeitgeber prüfen, ob er dem Beschäftigten den Arbeitsplatz erhalten kann. Dafür gibt es das Verfahren des betrieblichen Eingliederungsmanagements, an dem auch der Betriebsrat beteiligt ist. Zwingend vorgeschrieben ist das Verfahren nicht. Aber der Arbeitgeber muss darlegen können, warum das BEM in keinem Fall das Arbeitsverhältnis zu halten hätte – so das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz.
Im konkreten Fall kam im Streit um eine krankheitsbedingte Kündigung die Frage auf, ob der Arbeitgeber auf die Durchführung eines BEM verzichten konnte, wenn dieses keinen Erfolg versprechen könne. Der Arbeitnehmer hatte im Gespräch mit dem Arbeitgeber geäußert, seine Erkrankungen seien schicksalhaft gewesen. Sein Arbeitgeber könne nichts beitragen, damit er die Arbeitsunfähigkeit in Zukunft vermeiden könne.
Nach § 84 Abs. 2 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) ist die Durchführung des BEM vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung. Für eine wirksame personenbedingte Kündigung wegen Krankheit sind drei Anforderungen zu stellen. Zum einen muss eine so genannte negative Prognose vorliegen, dass die Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Erkrankung voraussichtlich anhält. Zum anderen bedarf es einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Abläufe. Auf dritter Stufe muss die so genannte Verhältnismäßigkeit gewahrt sein. Die Interessen des Arbeitgebers und die des Arbeitnehmers müssen gegenüber gestellt werden, wobei die Kündigung als gravierendste Maßnahme des Arbeitgebers nur dann ausgesprochen werden darf, wenn andere Maßnahmen nicht möglich sind.
Genau in diesem Zusammenhang wird dann das BEM wichtig, als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Bei nicht ordnungsgemäß durchgeführtem BEM oder unterlassenem Anbieten eines BEMs durch den Arbeitgeber ist die Kündigung unwirksam, da sie unverhältnismäßig ist.
Das BEM-Verfahren hat das Ziel, dass die Beteiligten wirksamere Mittel als die Kündigung finden, um die Arbeitsunfähigkeit des Beschäftigten zu überwinden und ihm den Arbeitsplatz zu erhalten. Dazu zählt die Prüfung, ob der Arbeitgeber einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuweisen oder einrichten oder eine Rehabilitationsmaßnahme durchführen kann. So soll einer „vorschnellen“ Kündigung entgegengewirkt werden und das Arbeitsverhältnis soll möglichst dauerhaft gesichert werden. Am Verfahren sind Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung beteiligt, wie § 84 Abs. 2 SGB IX anordnet.
Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer vor einer krankheitsbedingten Kündigung anbieten, ein BEM durchzuführen, wenn der Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres mehr als 6 Wochen krankheitsbedingt arbeitsunfähig war. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um eine ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit oder um häufige Kurzerkrankungen handelt. Der Arbeitgeber muss in solchen Fällen die Durchführung eines BEMs nach § 84 Abs. 2 SGB IX anbieten.
Es bestehen keine Fristen zur Durchführung des bEMs.
Das LAG stellt klar, dass den Arbeitgeber die so genannte Darlegungs- und Beweislast trifft, dass ein BEM im Einzelfall nutzlos ist. Er muss demnach umfassend und detailliert vortragen, warum auch die Durchführung eines BEM keinen Einfluss auf die krankheitsbedingten Fehlzeiten hätte. Er müsse erläutern, warum ihm keine anderen Möglichkeiten blieben, die milder als eine Kündigung sind. Dabei könne er sich nicht auf eine bloße Aussage des Arbeitnehmers berufen, dass die Erkrankungen »schicksalhaft« seien. Der Arbeitgeber sei dadurch nicht von seiner Darlegungs- und Beweislast befreit, da die Aussage nicht bindend für weitere Arbeitsunfähigkeiten aufgrund von Krankheitsfällen sei. Der Arbeitgeber müsse vielmehr erläutern, warum auch die Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen die krankheitsbedingten Fehlzeiten nicht verringert hätten.
Da der Arbeitgeber im hier entschiedenen Fall diese Beweislast nicht erfüllt hat, hat das Gericht die Kündigung für rechtswidrig erklärt und die Berufung des Arbeitgebers zurückgewiesen.
Weitere Informationen: Rechtsanwalt Sagsöz/ Bonn,
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Quelle: LAG Rheinland-Pfalz, 10.01.2017 Aktenzeichen: 8 Sa 359/16 Landesrechtsprechungsdatenbank Rheinland-Pfalz