Die Erstausbildung eines unterhaltsverpflichteten Elternteils gehört zu dessen eigenem Lebensbedarf, den dieser grundsätzlich auch bei gesteigerter Unterhaltspflicht gegenüber seinen minderjährigen Kindern vorrangig befriedigen darf. Dies entschied der BGH in einem Fall, in dem sich die Mutter zweier Kinder entschieden hatte, eine Ausbildung zur Bürokauffrau zu absolvieren. Nach § 1603 II BGB treffe Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern eine gesteigerte Unterhaltspflicht. Aus dieser ergebe sich auch, dass das Interesse eines unterhaltspflichtigen Elternteils an einer Aus- oder Weiterbildung, die mit einem verminderten Einkommen verbunden ist, grundsätzlich hinter dem Unterhaltsinteresse des Kindes zurückstehen müsse. Etwas anderes könne jedoch dann gelten, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil seine Erwerbstätigkeit nicht aufgebe, um eine Zweitausbildung oder Weiterbildung zu absolvieren, sondern wenn es sich bei der angestrebten Ausbildung um eine erstmalige Berufsausbildung handle. In diesen Fällen sei der Erstausbildung auch gegenüber der gesteigerten Unterhaltspflicht aus § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB der Vorrang einzuräumen, da die Erlangung einer Erstausbildung zum eigenen Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen gehöre, den dieser grundsätzlich vorrangig befriedigen dürfe. So lag es auch im zu entscheidenden Fall: die Mutter hatte die Kinder im Alter von 16 bzw. 18 Jahren geboren. Ihren Hauptschulabschluss hatte sie erst nach der Geburt des ersten Kindes erwerben können und nach ihrem Erziehungsurlaub in wechselnden Anstellungen, zum Teil im Geringverdienerbereich, gearbeitet, kurzfristig war sie auch arbeitslos gewesen. Die Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau werde die Erwerbsaussichten der Mutter erheblich verbessern und dem Kindesunterhalt eine sicherere Grundlage verschaffen.

Verf. RASagsöz

BGH, Urteil vom 04.05.2011 – XII ZR 70/09

(im Anschluss an das Senatsurteil vom 15.12.1993 – XII ZR 172/92)

Das Amtsgericht Bonn hat entschieden, dass ein Kind einen Auskunftsanspruch gegen die Deutsche Telekom hat. Eine Mutter hatte nur den Vornamen und die alte Handynummer des Vaters.

Zur Feststellung der Vaterschaft erhob die Mutter im Namen ihres Kindes Auskunftsklage gegen die Deutsche Telekom. Nach Auffassung der Richter besitzt ein Kind einen Anspruch auf Kenntnis der eigenen Abstammung. Das ist schon erforderlich um einen Unterhaltsanspruch durchzusetzen.

Die Interessen des Kindes überwiegen damit gegenüber dem Datenschutzrecht des Vaters.

Rechtsanwalt Sagsöz hält am 17.05.2011 einen Vortrag bei der ISUV/VDU e.V. Interessenverband Unterhalt und Familienrecht in Bonn/ Tannenbusch.

Das Vortragsthema dreht sich rund um die Scheidung mit ausländischer Partnerbeteiligung, um EU-Normen, Gerichtszuständigkeiten und anwendbares materielles Recht bei gemischtnationalen Ehen.

– Für einen erfolgreichen Scheidungsantrag wird regelmäßig gefordert, dass man zumindest ein Jahr lang getrennt von „Tisch und Bett“ lebt. Ein Getrenntleben ist  auch möglich, wenn man noch gemeinsam innerhalb der ehelichen Wohnung lebt. Bei einer nicht einverständlichen Scheidung kann die Trennungszeit entprechend länger (drei Jahre) betragen.

– Beim Ehegattenunterhalt ist streng zu unterscheiden zwischen dem Trennungs- und dem nachehelichen Unterhalt. Dieser kommt in Betracht, wenn „überschiessendes Einkommen“ vorhanden ist. Die Erfüllung der Voraussetzungen für solch einen Anspruch hängen stark vom Einzelfall ab.

Hinweis:  Errechnen Sie sich den Unterhalt eher nicht selbst. Dies kann ein Fachmann letztlich oft kostenärmer regeln.

– Das während der Ehe erworbene Vermögen wird im Scheidungsverfahren im Rahmen des Zugewinnausgleiches auseinandergesetzt. Etwas kann durchaus für ausländische Ehepaare gelten.

– Bei einer Ehe von kurzer Dauer findet ein Versorgungsausgleich nicht mehr statt, es sei denn, dies wird ausdrücklich beantragt.

-Regelmäßig verbleibt es auch nach Scheidung bei dem gemeinsamen Sorgerecht beider Elternteile. Nur auf Antrag und in Ausnahmefällen wird einem Ehepartner das alleinige Sorgerecht übertragen.

-Die Höhe des Kindesunterhalts lässt sich  aus der Düsseldorfer Tabelle entnehmen. Auch hier gilt aber Vorsicht bei Eigenberechnungen.

Hinweis:

Wir bitten um Verständnis, dass keine Gewähr für die jederzeitige Aktualität/ Richtigkeit der Inhalte übernommen werden kann. Diese Darstellung enthält  keine verbindliche Rechtsauskunft. Verbindliche Aussagen sind regelmäßig gesichert möglich bei dem jeweiligen Einzelfall.

Das OLG Hamm hat eine interessante Entscheidung gefällt (OLG Hamm, II-2 WF 285/10):

ein Minderjähriger hat keinen Anspruchauf die hälftige Zahlung von Sonderbedarf bei Klassenfahrten. Das machte das Oberlandesgericht (OLG) deutlich. Die geplante Klage auf Zahlung von Sonderbedarf habe keine Aussicht auf Erfolg. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass Klassenfahrten keinen sog.  Sonderbedarf darstellen würden. Sie seien vielmehr rechtzeitig planbar. Das Kostenvolumen für die Reise nach Fernost (hier China) sei so hoch, dass auch nur wenige Schüler das Angebot in Anspruch nehmen könnten.

-Eine Ohrfeige für den Bundesgerichtshof in Unterhaltssachen-

Etliche tausend in den letzten drei Jahren gefällten Urteile zum Ehegattenunterhalt müssen vermutlich auf den Prüfstand. Denn mit einer Entscheidung vom 25.01.2011 stellte das BVerfG fest, dass ein wesentlicher Baustein der aktuellen Rechtsprechung des BGH zum Ehegatten-Unterhaltsrecht das Rechtsstaatsprinzip verletzt. Die Entscheidung 1 BvR 918/10

Zitat aus der Entscheidung:

„Die zur Auslegung des § 1578 I 1 BGB entwickelte Rechtsprechung zu den „wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen“ unter Anwendung der Berechnungsmethode der sogenannten Dreiteilung löst sich von dem Konzept des Gesetzgebers zur Berechnung des nachehelichen Unterhalts und ersetzt es durch ein eigenes Modell. Mit diesem Systemwechsel überschreitet sie die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung und verletzt Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.“

Dies ist wohl nicht weniger als eine symbolische Ohrfeige für den BGH und ein Kurswechsel im Unterhaltsrecht. Damit bricht ein wichtiger  Bestandteil der Unterhaltsrechtsprechung des BGH zum neuen Unterhaltsrecht einfach weg. Fakt ist, dass die Chancen der geschiedenen Ehehfrauen mehr Unterhalt zu erhalten, steigen dürften.Es dürfen nur die Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung betrachtet werden, nicht z.B. die tatsächlichen Verhältnisse nach einer Wiederheirat des Mannes.

Damit kippt das BVerfG den Grundsatz des BGH “der wandelbaren ehelichen Lebensverhältnisse”.

Wenden Sie sich an einen Anwalt um einen möglichen Anspruch zu prüfen.

RA Sagsöz, Bonn FA für Familienrecht